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Der Duke weint...

29. Juni 2010,  07 Uhr 40, irgendwo in Deutschland: die Morgensonne kitzelt mich wach. Vorsichtig dämmert es mir, dass heute ein ganz normaler Arbeitstag zu sein scheint. Zumindest Anwesenheit ist  also Pflicht. Leichter gesagt als getan, denn da sind diese höllischen Kopfschmerzen. Ein häßlicher Kater, der beim normalsterblichen Bürger durch ungeschickten Alkoholkonsum ausgelöst wird, bei mir aber auf eine Überdosis Christiano Ronaldo zurückzuführen ist. Seine Sperenzchen vom Vorabend stecken mir noch arg in den Gliedern. Der Duke, Leinwandheld John Wayne also, würde sich ob CR7s lächerlicher Posen im Grabe rumdrehen. Er wirkt, als könne er längst nicht mehr zwischen seiner  Nike-Spot- bzw. x-box-Parallelwelt und den Führungsaufgaben eines echten "Team Leaders" unterscheiden. Generell haben die biederen Portugiesen, die in ihren Partien (Ausnahme Nordkorea) wirklich alles vermissen ließen, was den Reiz des Fußballs ausmacht, bei mir mit ihrem starren Defensivkonzept, gepaart mir Angsthasentum und Nickligkeiten jegliche Sympathie verspielt. Da erscheinen die Spanier fast noch als das geringere Übel, zumindest wenn man das "Joga Bonito" im Blick hat.

 

Die Angst vorm schwarzen Loch oder Diegos Rosenkranz

Aber jetzt ist es erstmal aus mit dem schönen Spiel, denn die WM macht Pause. Zwei spielfreie Tage nach knapp drei Wochen World Cup around the clock bringen die eigene innere Uhr gehörig durcheinander und stellen den Biorhythmus auf eine harte Probe. Was fängt man mit der ungewohnten "Freizeit" an? Kann man überhaupt oder fällt man unvermittels in ein tiefes Loch, das einen verschluckt und - wenn man Glück hat - nach 48 Stunden, rechtzeitig zu Beginn der Viertfinalspiele, unversehrt wieder ausspuckt. Eine meiner liebsten Freizeitbeschäftigungen und bewährten Ablenkungstechniken ist bekanntlich das Reisen in die Vergangheit.  Und so schließe ich meine Augen, während ich am Rhein der Arbeitsstätte entgegen radle, und träume aus aktuellem Anlaß von dem  Tag vor genau 24 Jahren, dem WM-Finale 1986: Argentinien - Deutschland. In der Gluthitze von Mexico-City haben tapfere Teutonen um ihr Leben gekämpft und in einer famosen Aufholjagd alle Mythen bestätigt, die die Welt unserem Lande andichtet. Den Mythos von der Turniermannschaft und den von den nie aufsteckenden Deutschen, die man erst besiegt hat, wenn man heil in der Kabine angekommen und Hans-Peter Briegel einem nicht mehr in die Wade beißt. Und dann haben sie letztendlich doch noch durch einen genialen Moment den Todesstoß zu kassiert. Warum nur diese Dramaturgie, wenn dann doch alles umsonst war? Und wer war für diesen Geniestreich verantwortlich? Der damals beste Fußballer der Welt, Diego Armando Maradonna, dem morgen hoffentlich auch keine 50 Ave Marias vor dem Heimreise bewahren werden, wenn es in Kapstadt zur Neuauflage der WM-Finals von 1986 und 1990 kommt.

 

Laß' es Liebe sein

Lange musste ich an diesem traumatischen 2:3 durch Jorge Burruchaga rumknabbern. Mit der Zeit habe ich realisiert, dass es nur eine Aussicht auf vollständige Heilung gab: ich musste mich in Argentinien verlieben. Und so habe ich mich im Frühjahr 1990 aufgemacht um direkt ins Herzen des Feindes einzudringen. Es waren berückende Wochen mit durchtanzten Nächten im pulsierenden Buenos Aires, mit patagonischen Naturschauspielen und anantarktischer Atmosphäre in Feuerland. Eben ein tolles Land, voller liebenswerter Menschen. Als wir uns dann Monate später im estate Italiana in der notte magico von Rom doch noch den Cup geholt haben, war alles vergessen und aus dem Feind war der Freund Argentinien geworden. Irgendwo, ganz tief unten in meinem Schrank, müsste ich sogar noch ein Trikot der Albiceleste haben. Ob's noch passt?  Seitdem sind bereits 20 Jahre wieder vergangen, in denen die Gauchos nicht einmal in ein WM-Halbfinale einziehen konnten. So kann es bleiben.

 

Duell auf Augenhöhe

Wie stark ist Argentina 20.10 wirklich einzuschätzen? Bislang haben sie nur gegen Fallobst gespielt. Mit Mexico als Ausnahme. Und den Mittelamerikanern ist es durch ihren mutigen Beginn im Achtelfinale direkt gelungen Maradonnas Mannen  in Bredouille zu bringen, bis ihr Konzept durch ein klares Abseitstor über den Haufen geworfen wurde. An diese Strategie muss die deutsche Mannschaft  anknüpfen. Sie ist mental  allemal stärker als die Mittelamerikaner und kann Rückschläge konzentrierter verarbeiten. Allerdings sollten Trainer und Kicker nicht die Fehler des verlorenen Testkicks von München (03.03.) wiederholen.  Damals wurden Spielkunst  und defensive Stärke des in der Qualifikation fast gescheiterten Teams dermaßen glorifiziert, dass unsere Jungs mit schlotternden Beinen kein vernünftiger Querpaß gelungen ist. Unsere Spieler waren dermaßen vor Ehrfurcht erstarrt, dass sie ein grausames Match ohne echte Torchance ablieferten. Das Schweinsteiger und Lahm im Vorfeld des Viertelfinales zarte Provokationen in Richtung Gegner abfeuern, scheint mir zwar überflüssig  und mglw. sogar kontraproduktiv zu sein. Man könnte es aber wohlwollend auch als Beleg für die positive Weiterentwicklung des DFB-Teams in Sachen Selbstbewußtsein interpretieren. Morgen werden wir erfahren, wie das Gesicht des wahren Argentiniens aussieht. So, wie beim 1:0 im Februar oder  doch eher wie das vom 01.04.2009 als man in der Höhe von La Paz (3.637 Meter) beim Qualifikationsspiel gegen Bolivien mit 1:6 unterging. Übrigens mit Messi und Tevez an Bord.

 

Du bist Deutschland 

Die Spannung steigt und in 24 Stunden wird ein ganzes Land stillstehen und den Atem anhalten. Ob Mann, ob Frau, echter Fan oder Trittbrettfahrer. Morgen sind wir alle Deutschland. Wir werden mehr sein als die Summe unserer Teile. Wie unser Team. Das macht uns so schnell keiner nach und deshalb werden wir auch gewinnen! I just keep livin' for dreams!

 

 

Tipps:

Brasilien - Holland 4:2

Ghana - Uruguay 2:1

Schland - Argentinien 3:2

Paraguay - Spanien 0:1

 

 

Tag(s) : #Dirki bloggt die WM-EM
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