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Nach 16 Jahren durchgehender Zugehörigkeit zur ersten Bundesliga ging es für die Fortuna im Sommer 1987, just in time zu meinen 18.ten Geburtstag, runter in die Zweite Liga. Ein Schock. Schließlich kannte ich eigentlich gar nichts anderes als Erstklassigkeit. Für uns Düsseldorfer bitte schön immer nur das Beste und noch einen Schuss Sahne in den Likör. So waren wir das gewohnt. Und plötzlich Aschaffenburg, Meppen und Osnabrück?!? Madre mia - Bitte nicht! Ich blieb natürlich treu, schon alleine wegen Opa und weil wir die Zugehörigkeit zum Unterhaus nur für ein Intermezzo hielten. Dennoch versuchte ich meine zu erwartenden emotionalen Achterbahnfahrten durch zügellos-chaotische Frankreich-Urlaube zu kompensieren. Doch auf der Fahrt an DIE „Côte“ in die Sommerferien `87 ließ‘ ich zunächst die Ereignisse der letzten Wochen Revue passieren. Kaum in Saint-Tropez angekommen, war ich mir ziemlich sicher: Das Ganze war doch Beschiß, oder? Bitte lest mein kleines Reisetagebuch aus dem Jahre 1987

27. Spieltag (02.05.1987)

Blau Weiß 90 Berlin – Fortuna Düsseldorf 1:2

Noch einmal hatten sich die Massen aufgemacht um in die große Schüssel im Westen der geteilten Stadt zu strömen. Vermutlich hielten nicht wenige der 30.909 Zuschauer das Olympiastadion am Tag der traditionellen lokalen Maikrawalle für den sichersten Ort in „jaaanz“ Berlin. Der war es zunächst kaum für die Düsseldorfer Fortunen, die nicht nur ein schnelles Führungstor durch Kalle Riedle kassierten (11.), sondern auch vom Gegner sprichwörtlich in den Schwitzkasten genommen wurden. Für Blau Weiß 90 schienen somit frühzeitig die Weichen zum dritten (!) Saisonsieg gestellt worden zu sein. Weitere Hauptstadttore schienen so nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Doch es kam anders - Fortuna fabrizierte einen Doppelschlag aus dem Nichts mit zwei Sensationstoren (1:1 Kaiser per Scherenschlag, 1:2 Sven Demandt nach Teufelssolo) innerhalb von 60 Sekunden (30. und 31. Minute) und mogelte sich somit doch etwas unverhofft zum ersten Auswärtssieg.

Wenn jemals die Weisheit gegolten hatte, wer unten steht, hat immer Pech, dann galt das für Blau Weiß in diesem Spiel. Denn eigentlich erzielte der Berliner Angreifer, Wolfgang Schüler, einen astreinen Treffer zum vermeintlichen 2:0. Fortunas zum Abwehr-As umfunktionierter Stürmer, Michael Blättel, wehrte Schülers Schuß - so schien es - auf der Linie ab, oder war‘s doch der Pfosten? Alles ging so schnell. Schiri Anton Schmidhuber ließ‘ - unbeeindruckt wütender Proteste - weiterspielen – für den neutralen Teil der Republik auch zurecht. In der Zeitlupe erkannte man jedoch, dass das Geschoß von Blättels eindeutig hinter der Linie postiertem Unterschenkel zurückprallte. Einwandfrei drin – eigentlich! Tja, aber wer unten steht… s.o.

Man muss aber auch konstatieren, dass Wolfgang Schüler selbst schuld war: Als er aus drei Metern zum Schuß ansetzte, hatte er das komplette Tor frei vor sich zur Auswahl. Was für ein verschwenderischer Luxus! Rechts stand nur Andreas Kaiser, der den Ball aus nächster Nähe fixierte, wie er vom Metall zurückprallte, währenddessen am linken Pfosten Blättel umherirrte, sich unvermittelt und ohne erkennbaren Grund zu Boden warf und eine Art Embryohaltung einnahm. Ausgerechnet dorthin zielte Schüler statt auf die fünf freien Meter zwischen den beiden Verteidigern. Und so wurde Blättel unfreiwillig zum Helden. In der zweiten Spielhälfte verteidigten die Rot-Weißen die knappe Führung mit rheinischer Leidenschaft, wobei auch schon mal so Manches versehentlich zu Bruch ging. Libero Blättel brachte beim Versuch, den Ball zu stoppen, Mit- und Gegenspieler in Gefahr und rammte sogar beim Ball-unter-Kontrolle-Bringen seinen Kontrahenten, Horst Feilzer, bis in die Bewusstlosigkeit. Ein gebrochenes Jochbein sowie Feilers Abtransport per Trage waren die Folge.

Hinzu kamen reihenweise hochkarätige Chancen. Die Blau-Weißen brannten ein Feuerwerk allererster Klasse ab. Der Ball krachte diverse Male ans Gebälk oder Kargus bekam so gerade noch eine Fingerkuppe dazwischen. Zudem wurde der spätere Weltmeister Kalle Riedle in der Schlußphase zweimal im Strafraum ziemlich übel rasiert ohne das der Schmidhuber Aron auch nur einen Gedanken daran verschwendete auf den ominösen Punkt zu zeigen. Nicht wenige glaubten den Bayern tags darauf in einem Düsseldorfer Luxuskaufhaus auf der „Kö“ gesichtet zu haben als er mit der AMEX-Platin-Card von F95-„Vize“ Werner Faßbender jonglierte.

Manfred Bockenfeld jedenfalls fochten die Tumulte nicht an. Er stimmte nach dem Abpfiff ebenso fröhlich wie unsensibel die Berliner Vereinshymne „Wir sind heiß auf Blau Weiß“ an. Der Routinier begründete das so: „Das ist meine Antwort auf die dummen Sprüche vom Feilzer“, welcher die Rheinländer zuvor als „Gurkentruppe“ tituliert hatte. „Manni“ weiter: „Ein besseres Doping konnte es gar nicht geben.“ Was soll man sagen? Blau Weiß 90, untergegangen im Feuer der Sieger, zementierte mit dieser erneuten Heimniederlage den letzten Tabellenplatz und schien nun als sicherer Absteiger festzustehen, während die Fortuna zunächst einmal Oberwasser im Kampf um Relegationsplatz 16 zu haben schien.

FC Homburg 08 – Borussia Mönchengladbach 0:2

Der FC Homburg wurde vor dem Duell mit den Gladbachern von gravierenden Personalsorgen gebeutelt. Bei den mit dem letzten Aufgebot angetretenen Saarländern, die nur noch elf gesunde Profis aufbieten konnten, musste Stürmer Walter Kelsch als Libero agieren. Auf der Homburger Bank saßen, neben dem verletzten Hentrich, nur zwei Amateure aus der Bezirksliga. Kein Wunder, dass der seit neun Partien sieglose Aufsteiger im Angriff meist völlig ohne Konzept auftrat. Im Mittelfeld setzte der eigentliche Regisseur Buncol erneut keine Akzente. Die indisponierte Abwehr wirkte unsicher und spielerisch limitiert. Mit sehr viel gutem Willen konnte man einige der nach vorne geprügelten Bälle der Homburger als "Konter" bezeichnen, Torchancen kamen so allerdings nicht zustande. Uwe Rahn und André Winkhold sorgten für die Treffer der abgeklärten Gladbacher. Homburgs Torwart Klaus Scherer verhinderte mit artistischen Einlagen Schlimmeres. Kaum hatten seine Kameraden wie geprügelte Hunde als Verlierer das Feld verlassen, legten sie absurderweise einen abenteuerlichen Optimismus an den Tag. FCH-„Beau“, Thomas Stickroth,  beispielsweise, klammerte sich an einen zufällig vorbeikommenden Strohhalm: „Berlin haben wir schon in der 2. Liga hinter uns gelassen und Düsseldorf ist spielerisch die schlechteste Mannschaft.“ Allerdings versäumte es Stickroth zuvor selbst seine markigen Worte mit Taten zu untermauern als er fünf Minuten vor dem Anpfiff aus Nahdistanz das leere Tor nicht traf.

FC Bayern München – Eintracht Frankfurt 2:1

Die Seligsprechung des Jesuitenpaters Rupert Mayer durch niemand Geringeren als seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II verhinderte die reguläre Austragung dieser Partie, die am 13. Mai 1987 nachgeholt werden musste. Bei völlig unchristlichem Schmuddelwetter fanden nur 15.000 Unverwüstliche den Weg ins Münchener Olympiastadion. Was sich katastrophal wenig anhört, war für die damalige Zeit eine absolut normale Zuschauerzahl, auch wenn man bedenkt, dass die Bayern sieben Bundesligaspiele in Folge gewonnen hatten, was doch eigentlich von mehr bayrischen Fussballfreunden hätte goutiert werden müssen. Aber so war das damals halt. Es gab immer eine Ausrede nicht ins Stadion zu müssen und sehr häufig war das Wetter schuld. 1987 war die Zeit der magischen Kornkreise auf dem edlen Rasen des Olympiastadions. Wahrscheinlich fühlte sich der Hallenser Norbert Nachtweih davon inspiriert als er einen Strich aus 35 Metern (10. Minute) in den Giebel des Frankfurter Gehäuses drosch. Fortan aber kochte München für lange Zeit auf Sparflamme und ließ‘ irgendwann wie selbstverständlich trotzdem das 2:0 durch den „kleinen“ Rummenigge folgen (51.). Die über weite Strecken zu harmlos agierende Eintracht erlaubte es den Bayern das Spiel mit wenig Aufwand zu kontrollieren. Auch wenn der Anschlußtreffer durch Turowski (60.) zum 2:1 eine lebhaftere Schlußphase einläutete, so war nicht mehr für die Hessen drin als erhobenen Hauptes und mit päpstlichem Segen eine knappe Niederlage einzustecken. Damit blieb Eintracht Frankfurt als einziges Team neben dem Kellertrio zumindest noch theoretisch in Abstiegsgefahr.

15

-

Frankfurt

27

32:42

-10

19:35

16

 

Düsseldorf

27

34:75

-41

16:38

17

 

Homburg

27

22:59

-37

15:39

18

-

BW90 Berlin

27

25:62

-37

13:41

 

 

28. Spieltag (09.05.1987)

Werder Bremen – FC Homburg 6:0

In den späten 80er-Jahren konnte man an der Waterkant bei heimstarken Werderanern leicht untergehen. Insbesondere wenn das Flutlicht angeknipst wurde und der Nordseeregen waagerecht über die Deiche peitschte. So auch an diesem Abend, der einen neuen Tiefpunkt für hilflose Homburger darstellte. Bezeichnend: Nach der Pause stürmte die komplette norddeutsche Defensivabteilung mit, bis auf Rune Bratseth. Der Vizemeister konnte sich den Sturmdrang leisten, denn der Norweger erledigte die noch anfallenden Abwehraufgaben souverän ALLEINE. Homburgs Goalie Klaus Scherer war trotz der Bremer Torflut bei der Schmach mal wieder bester Saarländer. Dennoch nahm er seine schwachen Kollegen in Schutz: „In ihrem Bemühen, bloß keinen Fehler zu machen, sind die meisten Spieler verkrampft. Fatal, aber kein Grund sie zu zerreißen!“ Sehr sportliche Ansichten eines Leistungsträgers.

1. FC Köln – Fortuna Düsseldorf 1:0

An den klaren Tormöglichkeiten gemessen hätte Köln höher gewinnen können, doch trafen Schüsse von Uwe Bein und Tony Woodcock lediglich die Querlatte. Zudem scheiterte Klaus Allofs gleich mehrfach aussichtsreich am Düsseldorfer Schlußmann Kargus. Nur einmal war „Katze“ Kargus ohne Chance gegen ihn und so blieb es beim einzigen Allofs-Treffer unmittelbar vor dem Pausenpfiff, der gleichzeitig auch Höhepunkt der hektischen Begegnung war. Ausgerechnet Allofs entschied also das Spiel, gebürtiger Düsseldorfer, langjähriger Fortune und zudem überragender Akteur dieser Begegnung – nur leider auf der „falschen“ Seite. Uwe Bein hatte ein unwiderstehliches Solo angezogen und drei Fortunen ausgetrickst. Seinen präzisen Paß verwandelte der Kapitän der Nationalmannschaft unhaltbar für Kargus. Weil die überlegenen Kölner es nicht verstanden, den Vorsprung auszubauen, geriet der knappe Sieg sogar noch in Gefahr. Die beste Ausgleichschance vereitelte FC-Goalie, Bodo Illgner, der einen Schuß von Bockenfeld aus kurzer Distanz parierte. Zudem fühlten sich die Fortunen vom Referee benachteiligt. Michael Blättel: „Natürlich haben wir auf 0:0 gespielt, Allofs hätte auch einen Elfer bekommen können. Aber in der zweiten Halbzeit hat uns Schiri Zimmermann zwei klare Strafstöße verweigert. Einmal fiel Steiner mit beiden Händen auf den Ball, beim zweiten Mal haute er Dusend von hinten um.“ Sepp Weikl: „Der hatte die Pfeife schon im Mund, hat es sich dann noch einmal überlegt. Das ist feige.“ Was die Landeshauptstädter besonders schmerzte: „Als wir protestierten, hat er uns noch frech angegrinst“, schimpfte Blättel. Die knappe Niederlage machte zumindest Ralf Dusend übermütig: „Es läuft wohl doch einiges auf die Relegationsspiele hinaus. Jetzt haben wir wenigstens die günstigere Tordifferenz als Homburg,“ was in der Tat richtig war, angesichts der Homburger 0:6-Pleite in Bremen.

Eintracht Frankfurt – Bayer 04 Leverkusen 1:0

Bis in den Wonnemonat Mai hinein, steckte die einstmals so glorreiche Eintracht noch im Abstiegsstrudel fest. Nur der Schwäche der Konkurrenz verdankte sie es, dass die Lage zwar leidlich prekär, aber nicht wirklich hoffnungslos war. Aussichtslos war allerdings die Hoffnung, dass das traditionell schwierige Umfeld zu befrieden sei. Auch 1986/87 kam es am Main zu allerlei internen Querelen. Zum einen um Manager Wolfgang Frank, gegen den sich die komplette Mannschaft ausgesprochen haben soll. Hinzu tauchten permanent Störfeuer um einen möglichen Italienwechsel von Thomas Berthold auf. Und auch Neunationalspieler Andy Möller war nicht nur monatelang verletzt, sondern auch im In- und Ausland begehrt.

Vorläufig jedoch blieb das Talent auch über den Sommer `87 hinaus bei den Adlerträgern. Zu dieser Partie kehrte er nach vier Monaten Pause zurück in den Kader und sorgte direkt für einigen Schwung und kreative Impulse im ansonsten biederen hessischen Ensemble. Trotz des 1:0-Erfolges über maue Leverkusener sprach der zeitgenössische TV-Kommentar davon, dass sich „die Eintracht mit diesem Auftritt keine neuen Freunde erspielt hat.“ Sei’s drum. Da der dargebotene Folterfussball nur eine Fortsetzung der lange anhaltenden Formschwäche der Hessen war, kam es auch wenig überraschend, dass nur 7.000 statt der erhofften 17.500 Zuschauer ins Waldstadion pilgerten (von welchem Phantasten auch immer diese völlig überzogene „Erwartung“ aufgestellt wurde). Immerhin konnte der ehemalige Bademeistergehilfe, Ralf Falkenmayer, mit seinem goldenen Treffer (14. Minute) dafür sorgen, dass die Hessen nicht in die zweite Liga absoffen, sondern – im Gegenteil – schon nach dem 28. Spieltag mehr oder weniger ihre sportliche Rettung feiern konnten.

Bayern München – Blau Weiß 90 Berlin 2:0

Die Hauptstadt gab es an diesem Samstag zum Schleuderpreis. Das pfiffige Motto: „Mit 5 Mark sind sie dabei“ lockte sage und schreibe 31.000 Eventies an, was Blau-Weiß-Spitze Wolfgang Schüler zu dem (nicht ganz logischen) Bob Dylan’nesken Protestpoem: „Ich gewinne lieber vor 5.000 Zuschauern, als vor 31.000 zu verlieren. Sind wir denn weniger wert als Bochum oder Frankfurt?“ inspirierte. Der Sportstudio-Kommentator jubilierte hingegen: „Ein cleverer Schachzug von Manager Uli Hoeneß!“ Fast eine Stunde lang roch es nach einer kleinen Sensation, weil der Berliner Keeper Reinhold Mager einen Sahnetag erwischt hatte und sich zudem seinen Vorderleuten einige hochkarätige Konterchancen boten, die diese aber reihenweise versiebten. Und so kam es, wie es kommen musste - Die bajuwarische Startruppe siegte dann doch noch spät auf Bayern-Art durch zwei staubtrockene Tore nach Standards (1:0 Roland Wohlfahrt und 2:0 Norbert Eder). Schüler, Mager und Dylan mussten also unverrichteter Dinge die Heimreise an die Spree antreten.

15

-

Frankfurt

28

33:42

-9

21:35

16

-

Düsseldorf

28

34:76

-42

16:40

17

-

Homburg

28

22:65

-43

15:41

18

-

BW90 Berlin

28

25:64

-39

13:43

29. Spieltag (16.05.1987)

FC Homburg – VfL Bochum 3:1

Sechs Spieltage vor Saisonende kam es im kleinsten Bundesligastandort zu tektonischen Verwerfungen. Der unlängst völlig unbedeutende FC Homburg stand nach dem Rausschmiss von Trainer-Dino Udo Klug plötzlich ohne Coach da, denn der „Neue“, Uwe „Klima“ Klimaschefski konnte sein Amt aufgrund einer Operation zur Begradigung seiner O-Beine noch gar nicht antreten. So musste eben Geschäftsführer und Ex-Homburg-Akteur, Gerd Schwickert, einspringen. Und der Interim konstatierte nach dem aufwühlenden Match gegen die Westfalen: „Die 90 Minuten haben gezeigt, dass die Mannschaft noch den unbedingten Willen hat, die Bundesliga zu erhalten.“ An diesem Tag hatten Schwickerts Mannen offensichtlich nicht nur den Willen, sondern auch das Können. Bochum begann zwar stürmerisch, spielte schnell und steil nach vorne und war auf ein frühes Tor aus. Als dieses Bemühen nicht vom Erfolg gekrönt war, begann der Sturmlauf der Kleinstädter. Nach Freilers 1:0 folgte zwar umgehend der Ausgleich durch Thomas Kempe, sowie kurzzeitig ein offener Schlagabtausch, doch spätestens nach der erneuten Homburger Führung durch Kurt Knoll (79.), war es um Bochum geschehen. Nicht nur, dass dem Tor ein grober Patzer von „Katze“ Zumdick vorausging, die einen Freistoß nach vorne abprallen ließ‘, sondern nun ergab sich der VfL Bochum seinem Schicksal und zeigte kaum noch Gegenwehr. Folgerichtig kam das 3:1 durch Klaus Müller (85.) zustande – ein Kontertor nach Fehlpaß von Thomas Kempe. Bitter für die Konkurrenz im Abstiegskampf, wenn Mannschaften aus der Bundesliga-Mittelklasse abschenken. Homburgs Aushilfs-Libero, Ex-Nationalspieler Walter Kelsch, brach sich im Spielverlauf den Zeh, hielt damit dennoch mehr als eine Halbzeit durch und war herausragender Akteur auf dem Platz. Bezeichnend für die schwache Bochumer Einstellung an diesem Tag.

Blau Weiß 90 Berlin – 1. FC Köln 1:1

Gegen die abgezockten Routiniers vom Rhein zeigte Blau Weiß sich mal wieder von seiner schokoladigen Seite - wenn da nur nicht dieses vermaledeite Pech an ihnen kleben würde. Mit so einer disziplinierten Leistung wie gegen Köln hätte Berlin sicher so manches Heimspiel mehr für sich entscheiden können. Aber an Kölns Routine und der Klasse von Paul Steiner, Dieter Prestin (schaltete Kalle Riedle aus) und Klaus Allofs zerschellte das Vorhaben, endlich mal wieder als Sieger vom Platz zu gehen. Beim Aufsteiger herrschte trotzdem weiterhin wütende Zuversicht, obwohl der Abstieg immer konkretere Formen annahm. Taktische Disziplin und lobenswerte Moral standen als Tugenden auf der einen Seite. Jedoch waren auch die Schwachstellen geblieben: Ein arg ramponiertes Nervenkostüm, das immer wieder zu Blackouts und anfängerhaften Schnitzern führte. Jörg Gaedkes 1:0 (39.) – ein Schuß wie ein Strich, Marke Tor des Monats, wurde postwendend von Klaus Allofs gekontert, der kaltblütig reagierte und eiskalt verwandelte. Diese Qualität hatte Blau Weiß zu keiner Zeit und so blieb es beim 1:1, das dem Kellerkind auch nicht wirklich weiterhalf.

Fortuna Düsseldorf – 1. FC Nürnberg 1:1

Lediglich 7.500 Zuschauer boten eine triste, aber treue Kulisse für dieses für Fortuna so wichtige Spiel. Viele Düsseldorfer Fussballfreunde hatten die Hoffnung schon aufgegeben und waren erst gar nicht ins Rheinstadion gepilgert. Und noch einer fehlte: Manfred Bockenfeld war indisponiert! Der Rechtsverteidiger fühlte sich nicht in der Lage bei diesem wichtigen Spiel dabei zu sein, nachdem am Morgen seine schwangere Frau ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Sie alle verpassten einen grandiosen Beginn: Bereits nach 45 Sekunden erzielte Ralf Dusend das 1:0 gegen seinen zukünftigen Arbeitgeber. Doch der Auftakt nach Maß beflügelte nicht, sondern lähmte die Aktionen der Rot-Weißen. Ängstlich verkroch sich der Abstiegskandidat in der eigenen Hälfte und schon war es vorbei mit der Düsseldorfer Herrlichkeit. Nürnberg bot einfach die reifere Spielanlage. Und nach einer halben Stunde traf Anders Giske per Kopf zum Ausgleich. In der Folgezeit schleppte sich die Partie über die Runden und nicht nur Reporter Reinhold Beckmann vermisste den kämpferischen Einsatz auf beiden Seiten. Das Gesamtniveau des Spiels riß niemandem vom Hocker. Düsseldorf agierte weiterhin einfach zu umständlich. Da mussten Konsequenzen gezogen werden. Trainer Meyer holte Zewe vom Platz und brachte Teenager Krümpelman. Beckmann kommentierte diese Zeitenwende so: „Ein Denkmal geht vom Platz!“ In der Restspielzeit kriegte das Publikum reichlich Skurriles geboten. Beispielsweise in Form eines sehr ungeschickten elfmeterreifen Fouls von Michael Blättel an Stefan Reuter, dem der Unparteiische. Dr. Umbach aber keinerlei Beachtung schenkte. Noch skurriler dann ein Kopfballaufsetzer von Calle del’Haye, einem ausgewiesenen Nicht-Kopfballungeheuer, der sogar Richtung gegnerisches Tor – nun ja – halt „aufsetzte“. Allerdings war das kein Problem für den erfahrenen fränkischen Ausputzer Dieter Lieberwirth, der auf der Linie klärte. Das war’s. Der erkämpfte Punkt war wohl für Düsseldorf zum Sterben zu viel, aber zum Leben noch zu wenig.

Meanwhile in Mannheim betrat ein gewisser Gregor Quasten die Bühne. Der Oldie ersetzte auf dem Waldhof den etatmäßigen Keeper Zimmermann. Wir werden noch auf ihn zu sprechen kommen müssen.

15

-

Frankfurt

29

34:44

-10

21:37

16

 

Homburg

29

25:66

-41

17:41

17

 

Düsseldorf

29

35:77

-42

17:41

18

-

BW90 Berlin

29

26:65

-39

14:44

 

30. Spieltag (23.05.1987)

Bayer 04 Leverkusen – Blau Weiß 90 Berlin 2:2

Am Anfang wurde dem Schlusslicht ein Kompliment gewunden: „Zur großen Überraschung der Zuschauer wirkten sie reifer in der Spielanlage!“ Kesse Berliner zeigten sich von Leverkusener UEFA-Cup-Aspiranten unbeeindruckt. Blau Weiß hatte sich also doch noch nicht aufgegeben. Die Mannschaft spielte herzerfrischenden Angriffsfussball. Warum auch nicht, wenn man sich schon auf der Schippe des Todes befindet? Dann kann man ruhig auch mal versuchen runterzuspringen. Schlimmer kann es schließlich nicht kommen. Nach ausgeglichenem Spielverlauf hatte Wolfgang Schüler kurz vor dem Ende bei seinem Volleyschuß sogar noch den Siegtreffer auf dem Fuß. Es wäre sein drittes Tor in dieser Partie, aber womöglich des Guten zu viel, gewesen. Für Bayer 04 war Herbert Waas als doppelter Torschütze auffällig.

Hamburger SV – Fortuna Düsseldorf 4:1

„Okonski, immer wieder Okonski“ (oder wie ZDF-Urgestein Thomas Wark zu sagen pflegte: „Okoinski!“) schallte es nicht nur durch den Volkspark, sondern beinah durch die gesamte Republik. Wenn der begnadete Pole in Spiellaune war, verzückte er auch den südlich der Elbe beheimateten Teil der fussballaffinen Bevölkerung. Und an diesem Samstag war Miroslaw O. sehr gut aufgelegt. Allerdings überraschte Fortuna zunächst einen sorglosen HSV und seine siegesgewissen Fans. Nach zwei Minuten ging der rheinische Underdog durch Sven Demandt in Führung. Und keiner wusste so recht warum. Doch es waren keine zehn Minuten gespielt, da schlug das Imperium zurück: Durch Okonski, der mit dem Ball, der Fortuna und ihren Abwehrreihen tanzte wie weiland Ingemar Stenmark in seinen besten Tagen mit den Kitzbühler Slalomstangen. Als diese alle auf dem Boden lagen, knallte der 28-Jährige die Kugel aus elf Metern humorlos oben links ins Kreuzeck, während Ex-HSVer Rudi Kargus im Düsseldorfer Kasten einfallslos nach unten rechts abtauchte. Ein Zaubertor! Niemand war in der Lage den überragenden Polen zu stoppen. Die Republik jubilierte und und der Volkspark tobte. Nur den Fortunen war schwindelig und sie hatten schlimmes Kopfweh. Das wurde auch nicht besser als Peter Lux einen Distanzschuß (2:1, 30.) in die Maschen schweißte. Im Gegenteil! Dass es hinten raus, wo es bei der Fortuna 86/87 ohnehin immer dünner wurde, noch zwei Mal einschlug (3:1 von Heesen, 75. und 4:1 Kastl 90.) – geschenkt. Die Norddeutschen waren eben in allen Belangen überlegen und fuhren einen klar verdienten Arbeitssieg ein. Insgesamt war die Düsseldorfer Reisegruppe mal wieder viel zu harmlos und spielte nach der Pause merkwürdig lethargisch. Zudem kassierte man zum achten Mal auswärts mehr als drei Gegentore. Mit so einer desaströsen Bilanz war man natürlich nicht konkurrenzfähig und in der Bundesliga chancenlos. Im Grunde wäre der Abstieg längst besiegelt gewesen, wenn es nicht mit Homburg und Blau Weiß zwei ähnlich gelagerte Problemfälle gegeben hätte.

Eintracht Frankfurt – FC Homburg 4:0

Zweimal „Patsch“ am Anfang und zweimal „Patsch“ am Ende – Patsch! Das war’s. Dazwischen glich das Schicksals- eher einem Trauerspiel vor 9.800 Hartgesottenen. Die Chronologie des Spiels ist schnell erzählt. Ralf Falkenmayer und Ralf Sievers sorgten früh für klare Verhältnisse, Janusz Turowski ließ‘ Homburg kurz vor Schluß per Doppelpack endgültig die Luft raus und beseitigte so jeden Restzweifel am direkten Klassenerhalt der Eintrachtler. Homburg bäumte sich nicht einmal mehr auf. Eine indiskutable Vorstellung. Auf den neu verpflichteten Trainer Uwe Klimaschefski (bereits zum vierten Mal bei den Saarländern in Lohn und Brot) schien viel Arbeit zu warten. Und der nächste Gegner sollte der übermächtige FC Bayern sein. To be continued…

15

 

Frankfurt

30

38:44

-6

23:37

16

 

Düsseldorf

30

36:81

-45

17:43

17

 

Homburg

30

25:70

-45

17:43

18

 

BW90 Berlin

30

28:67

-39

15:45

 

31. Spieltag (30.05.1987)

Blau Weiß 90 Berlin – 1. FC Nürnberg 1:4

Die fünf Tore des Spiels fielen alle zwischen der 58. Und 72. Minute. Bis auf diese aufregende Phase bot die Partie zwischen den Berlinern und einem fränkischen Himmelfahrtskommando (d.h. das „letzte Aufgebot“ des noch amtierenden Rekordmeisters, das am Vatertag in die Frontstadt geschickt wurde) nur Magerkost. Die Nürnberger Reservisten Wilbois und Stenzel trafen doppelt. Der Ehrentreffer blieb mal wieder Karl Heinz Riedle vorbehalten. Die Anhänger der Blau-Weißen, die immer noch auf den Klassenerhalt gehofft hatten, und doch recht zahlreich (16.000) erschienen waren, pfiffen sich am Ende die Seele aus dem Leib. Mal wieder war man der Meinung: Das war’s für Blau Weiß. Der Abstieg schien nun endgültig besiegelt! Auch Trainer Bernd Hoss zeigte sich maßlos enttäuscht: „Es war eines der schlechtesten Spiele meiner Mannschaft, das ich je gesehen habe.“ Die Hoffnung auf den Klassenerhalt hatte der Schwabe aber noch nicht begraben: “Wir sind noch so lange dabei, bis wir auch rechnerisch abgestiegen sind.“

Fortuna Düsseldorf – 1. FC Kaiserslautern 1:3

Wer mich lange genug kennt, weiß, dass ich eigentlich als Friedenstaube meine Kreise ziehe, alles und jeden lieb habe. Aber manchen Zeitgenossen begegne ich doch mit heiligem Zorn und gnadenloser Intoleranz. Über all diesen Kackvögeln schwebt einer, den ich bis in jede Faser seines Wesens verachte: Reinhold Beckmann! Dieser selbstverliebte und eitle Gockel war leider ab 1985 für den WDR ganz nah an unserer Fortuna dran. In seinem Beitrag zu obigem Spiel labte er sich an Fortunas Schicksal, indem er sie zur bloßen Lachnummer degradierte. So versuchte er noch am Mittag des Spieltags auf der „Kö“ eine Eintrittskarte für das Match gegen den UEFA-Cup-Aspiranten zu verschenken. Was ihm angeblich in 30 Minuten nicht gelungen sei. Genüsslich fing man dabei mit der Kamera die abschätzigen Bemerkungen der Passanten bezüglich dieses Angebotes und der Fortuna ein. Nicht fehlen durfte natürlich auch der journalistisch überragend recherchierte Hinweis auf das gähnend leere Rheinstadion – allerdings bereits 60 Minuten vor Anpfiff. Welche dubiosen Gestalten hätten sich auch um diese Zeit in der Schüssel rumtreiben sollen bei einem damaligen Schnitt von knapp 10.000 Besuchern? Ein widerliches Experiment zu Lasten eines Vereins, der eh schon am Boden lag. Es kam auch Trainer Gert Meyer zu Wort, der kurz zuvor (am 03. April.1987) vom entlassenen Dieter Brei den Kamikaze-Befehl „Klassenerhalt“ übernommen hatte. Meyer entsprach so gar nicht dem Klischee des groben und verschlagenen Fußballehrers seiner Zeit. Vom Boulevard wurde er fortan nur noch süffisant als „Yoga-Meyer“ tituliert, nachdem er sich leichtsinnigerweise als Fan der fernöstlichen Entspannungstechnik geoutet hatte. Und in seiner erfrischend-naiven kreuzehrlichen Art war er ein Vorläufer des Freiburgers Christian Streich. Meyer war zudem ein Freund offener Worte und so sprach er zur Pause - beim Stande von 0:2 - Beckmann ungefiltert ins Mikrofon: „Das Manko bei unserem Spiel ist die fehlende Aggressivität. „Bocki“ stand beim Kopfball nur daneben und den einen hätte der „Rudi“ (Kargus) auch halten müssen. Bockenfeld und der Weikl lassen Allievi und Wuttke zu viel Spielraum. Die ziehen sich zwar clever zurück, aber entscheidend ist, dass wir nicht richtig zur Sache gehen.“ Und nach dem 1:3-Endstand weiter: „Ich habe schon vor dem Spiel gesagt, wenn wir hier nicht gewinnen, wird der 16. Platz für uns passé sein. Obwohl im Fußball alles möglich ist, wird es doch jetzt sehr schwer, vor allen Dingen, wenn man nicht kämpft. Nach dieser nicht-kämpfenden Leistung bin ich doch sehr enttäuscht!“ Insgesamt nicht nur aus pädagogischer, sondern auch aus sportlicher Sicht erstaunliche Aussagen, lag man doch nach diesem viertletzten Spieltag zwar weiterhin auf Platz 17, hatte aber lediglich einen Zähler Rückstand auf den FC Homburg, der den Relegationsplatz innehatte. Vielleicht war auch das erstaunliche Torverhältnis mitverantwortlich für Meyers Kulturpessimismus: Selbiges lag bei legendären „minus 47“! Die letzte Konsequenz, den „Handtuchwurf“, scheute Meyer aber noch. „Wer sich aufgibt, hat verloren“, lautete sein Credo! Allerdings wollte er sein Team vor dem nächsten Spiel zur grundsätzlichen Erörterung der Frage: „Was heißt eigentlich kämpfen?“ um sich scharen. Ganz schwach von Fortuna, dass diese Selbstverständlichkeiten zum Thema erhoben werden mussten.

FC Homburg – FC Bayern München 2:2

The Game after! Das Spiel eins nach der Schmach von Wien. Als die Großbayern sich vom bis dahin wenig beachteten FC Porto – trotz 1:0-Führung durch „Wiggerl“ Kögl – aus dem Prater haben „wienern“ lassen. Die peinlichste, katastrophalste und historischste Niederlage in der bajuwarischen Vereinsgeschichte. Die Bayern am Boden. Wie sollten sie drei Tage später in der Lage sein, sich beim FC Homburg darauf einzulassen, „alles zu geben“, um nicht den Abstiegskampf zu verfälschen?

Selbst ihr Umfeld rechnete mit einer Niederlage, so mies war die Stimmung nach Rabah Madjers siegbringenden Hackentricks. Der scheidende Trainer Udo Lattek (ging als Sportdirektor nach Köln) unkte: „Diese Niederlage gegen Porto wird einen Riß geben.“ Überraschenderweise sah das Fachmagazin das völlig anders. Der Kicker: „Homburg, der Neuling in akuter Abstiegsgefahr, dürfte nicht mehr als ein Sparringspartner sein. Schließlich sind die Bayern seit dem 30. November 1985 auswärts unbesiegt.“ Im Grunde genommen ging es für den Titelverteidiger darum die Enttäuschung abzuschütteln und mit einem Sieg die erneute Meisterschaft einzutüten (Verdächtig war allerdings die zu vernehmende Aussage: „Wenn nicht heute, dann eben morgen. Oder nächste Woche im heimischen Olympiastadion gegen Uerdingen.“). Die Spieler seien, so die Vereinsführung, „sehr deprimiert“ angereist. Zeigten jedoch Präzisionsfussball vom ersten Moment an. Der schlug sich in zwei blitzsauberen Toren durch Michael Rummenigge (0:1; 18.) und Ludwig Kögl (0:2; 32.) nieder. Bayerns Sieg schien ungefährdet. Mit der Führung meinte der Lattek-Trupp wohl seine Schuldigkeit getan zu haben und setzte fortan auf Schludrigkeit. Plötzlich verlor das Kaninchen die Angst vor der Schlange: die Homburger wurden in der zweiten Halbzeit mutiger und stärker. Beim 1:2 traf Klaus Müller per Kopfball nach lang gezogener Flanke. Die Innenverteidiger pennten ebenso wie Weltklassekeeper Jean Marie Pfaff (58.). Dann geschah das schier Unfassbare: Ecke Kurt Knoll, wird verlängert, Uwe Freiler haut die Kugel aus vier Metern volley mit der Hacke in die Maschen. Das zweite Hackengegentor für den FCB innerhalb von drei Tagen. Das ist wohl einzigartig in der Geschichte der Großkopferten von der Isar. Homburg spielte fortan sogar auf Sieg, glaubte plötzlich wieder an den Klassenerhalt. Doch zu mehr sollte es nicht reichen. Aber immerhin – ein 2:2 gegen den Rekordmeister war mehr als nur ein Achtungserfolg. Das Remis gab dem Underdog den entscheidenden Kick für das Saisonfinale, und bedeute gleichzeitig für dessen Konkurrenten, die selbst gar nicht mit auf dem Platz gestanden hatten, einen herben Tiefschlag, denn Punkte gegen Bayern konnten niemand von ihnen einkalkulieren und Homburg bekam praktisch einen geschenkt. Kein Betrug, aber unfair. Auf Homburger Seite war man der Meinung, dass dieses Match nur einen Sieger verdient gehabt hätte – man selbst! „Wenn wir hier schon untergehen, dann bitte schön doch mit fliegenden Fahren!“ Und so (wagemutig) spielten sie dann in der zweiten Halbzeit auch.

15

-

Frankfurt

31

38:45

-7

23:39

16

 

Homburg

31

27:72

-45

18:44

17

 

Düsseldorf

31

37:84

-47

17:45

18

-

BW90 Berlin

31

29:71

-42

15:47

 

 

32. Spieltag (06.06.1987)

Bayer 04 Leverkusen – FC Homburg 4:2

Zum Glück für die Abstiegskonkurrenz musste Leverkusen gegen auswärts noch sieglose Homburger um seine letzte UEFA-Cup-Platz- Chance fighten. So wurde der Abstiegskampf vor einer weiteren Wettbewerbsverzerrung verschont. Eine andere Frage schwebte zusätzlich über dem Match: Wechselt der Homburger Spielmacher Andrzej Buncol für 1,305 Mio DM zu Bayer? Jedenfalls hielt sich der zweimalige WM-Teilnehmer auffallend zurück. Der Mann, der das Spiel beim FCH lenken sollte, blieb an seiner vermeintlich zukünftigen Wirkungsstätte seltsam blaß und trabte eher behäbig über den Platz. Eigentlich hatte er schon der kleinen Bayer-Schwester aus Uerdingen zugesagt, aber sollte noch keinen Vertrag unterschreiben, da er noch nicht auf der Transferliste stand. An seine mündliche Zusage fühlte sich der Pole dann aber nicht mehr gebunden als das lukrativere Angebot von Bayer Leverkusen hereinflatterte. Das waren wohl die ersten Vorboten des modernen Fussballs. Torfolge: 1:0 Schreier (10.), 2:0 Herbert Waas (49.), 3:0 Thomas Hörster (51.), 3:1 Stickroth (54.), 3:2 Freiler (64.), 4:2 Falko Götz (88.). Ungeachtet des deutliches Erfolges hatte sich Bayer04 keinesfalls mit Ruhm bekleckert. Trotz vermeintlich beruhigender 3:0-Führung, steigerten sich die Farbenstädter anschließend in unverständliche Hektik hinein. Die Saarländer nutzten die Unsicherheit prompt aus, verkürzten auf 2:3 und besaßen dann sogar noch Chancen zum Ausgleich. Homburgs Immer-noch-Interimstrainer Schwickert resümierte wenig sensibel über den Auftritt seiner Defensivakteure: „Wenn wir eine vernünftige Abwehr hätten, wäre der eine Punkt, den wir uns ausgerechnet haben, auch zu holen gewesen.“ Kleine Anekdote am Rande – Bayer wollte unbedingt den Stürmer Stefan Kohn von Hannover loseisen, aber nicht die geforderten 1,5 Mio DM zahlen. Kohn fühlte sich von seinem Verein verschaukelt: „Ich verstehe nicht, wie man so viel Geld für mich fordern kann.“

Borussia Mönchengladbach – Fortuna Düsseldorf 4:1

Am Dienstag vor dem Spiel saßen die F95-Profis mit ihrem Trainer zwei Stunden zur Krisensitzung zusammen! Ob’s helfen würde? Das Fazit von Fortuna-Trainer Meyer fiel vorsichtig optimistisch aus: „Ich glaube, es hat etwas gebracht. Es wurde Stillschweigen vereinbart. Ich bin gespannt, ob die Leute dichthalten.“ Aber schon sein Vorgänger Dieter Brei wusste, wo die Krux im tendenziell geschwätzigen Düsseldorf liegt: „Es ist leichter dem Papst ein Liebesabenteuer nachzuweisen, als hier etwas in den eigenen Wänden zu halten“, brachte der trockene Westfale Brei den rheinischen Hang zu Akzidenzien auf den Punkt. Die Borussia musste auf den ehemaligen Fortunen Günter Thiele verzichten. Der fehlte aufgrund einer Gelbsperre und war darüber stinksauer: „Schade, ausgerechnet gegen meinen alten Klub muss ich pausieren. Denen hätte ich es gerne gezeigt!“ Was das „es“ gewesen wäre, wollte Thiele aber auch auf Nachfrage nicht weiter ausführen. Zu dieser Partie erschienen lediglich 12.000 Zuschauer – was für eine traurige Kulisse für ein Derby und das nach sieben Siegen in Folge für wiedererstarkte Fohlen?  Zur damals formstärksten Mannschaft der Bundesliga fuhr die Fortuna mit der Empfehlung von jämmerlichen drei Auswärtspunkten in der bisherigen Saison. Andreas Kaiser sollte den in Topform befindlichen Uwe Rahn stoppen. Das funktionierte auch. Die Spitzen Rahn und Criens waren abgemeldet. Dafür taten sich an anderer Stelle kraterartige Löcher auf, die von Hochstätter, Borowka und Bruns genutzt wurden. Zudem führte ein Missgeschick von Sepp Weikl zu einem Eigentor. Ralf Dusends Ehrentreffer kam in der 89. Minute viel zu spät. Den Mumm, noch einmal mit aller Kraft eine Wende herbeiführen zu wollen, brachten die Düsseldorfer trotz ihrer prekärer werdenden Situation nicht auf. Anschließend machte sich Resignation breit. Holger Fach, der verletzte Libero, konstatierte: „Das war heute schon erste gegen zweite Liga!“ Und Vize-Präsident Werner Faßbender ergänzte ganz ungeschminkt: „Jetzt sieht es ganz finster aus. Da kann uns nur noch ein Wunder retten.“ Für Ex-Fortune Thiele war der Abstieg so gut wie besiegelt: „Es tut mir weh, das sagen zu müssen, doch die Mannschaft ist ja nicht einmal bereit, den Gegner niederzukämpfen. Da ging es bei uns (damit meinte er die Fortuna der Saison 1985/86, deren Kader er da noch angehörte) im Abstiegskampf der vergangenen Serie doch ganz anders zur Sache.“ Den komplett gegenteiligen Standpunkt nahm hingegen Ex-Kapitän und Denkmal Gerd Zewe ein, der die Untergangsstimmung nicht teilen wollte: „Unser Spiel war gar nicht schlecht. Der Aufbau war nicht auf Zufall abgestellt. Die Tatsache zählt, dass wir uns viele Chancen erarbeitet haben.“ Nun gut, noch waren vier Punkte zu vergeben und das vorerst rettenden Ufer, in Form des Relegationsplatzes, lediglich einen Punkt entfernt.

Blau Weiß 90 Berlin – Waldhof Mannheim 4:1

Vor der Partie wurde bei BW90 der Spieler Horst Feilzer „gefeuert“, nachdem er seine Mannschaftskameraden als „Blinde“ tituliert hatte. Abgesehen von einigen guten Leistungen in der Hinrunde hatte er auch keinen Grund, die Leistungen der Mitspieler geringschätzig zu bewerten. Der „Einäugige“ unter den Blinden war er gewiß nicht. Die Badener hatten bis jetzt das Kunststück fertiggebracht, 15 Auswärtspartien in Folge sieglos zu bleiben. Warum hätte sich das ausgerechnet beim Schlußlicht ändern sollen? In Düsseldorf und Homburg gab man sich keinen Illusionen hin. Kein Wunder also, dass der Waldhof verlor. Unter der Woche sickerte zudem durch, dass Torjäger Fritz Walter seit Bekanntgabe seines Wechsels zum VfB Stuttgart von seinem Mannheimer Zeugwart Herbert Korbus bestreikt wurde: „Der soll seine Treter selbst putzen, nachdem er uns so im Stich lässt!“ Seit Korbus streikte, litt der kleine Fritz Walter unter schlimmer Ladehemmung. Gegen den designierten Absteiger von der Spree traf er dann aber doch wieder, was aber nicht spielentscheidend war. Blau Weiß schnupperte nach diesem Überraschungserfolg nochmal Morgenluft. Zu verdanken hatte man das Egon Flad, der an diesem Abend in Gala-Form war. Die Torfolge: 1:0 Flad (9.), 2:0 Flad (34.), 2:1 Walter (50.), 3:1 Wolfgang Schüler (72.). Beim Waldhof war nach dem Rückstand vom aufbäumen keine Spur. Und mit dem 4:1 machte Bodo Mattern (90.) den Deckel endgültig drauf. Berlin war wieder dran und 8.700 Hauptstadt-Fans gerieten vollends aus dem Häuschen. Die Frontstädter hatten die Rote Laterne an die Fortuna abgegeben.

15

-

Frankfurt

32

41:46

-5

25:39

16

-

Homburg

32

29:76

-47

18:46

17

 

BW90 Berlin

32

33:72

-39

17:47

18

 

Düsseldorf

32

38:88

-50

17:47

33. Spieltag (13.06.1987)

FC Homburg – Waldhof Mannheim 2:1

Geschäftsführer Gerd Schwickert war immer noch verantwortlich für den Trupp. Der Homburger Jahrhunderttrainer Uwe Klimaschefski wirkte lediglich als graue Eminenz im Hintergrund mit. Er konnte wegen seiner komplizierten O-Bein-Begradigung das Training noch nicht leiten. Der Optimismus in Homburg war so groß, dass man bereits vor dem 33. Spieltag die Karten für das Relegationsspiel drucken ließ – offiziell aus Termingründen. Obwohl auf so viel Hochmut laut Volksmund ja angeblich immer ein Fall folgen soll, ging Homburg trotz Rückstand durch Bührer (41.) noch als Sieger vom Platz. Und das kam so:

Homburg rannte lange völlig konzeptlos gegen die Mannheimer Abwehr an, wirkte ausgebrannt, schien den Kampf um den Ligaerhalt aufgegeben und verloren zu haben. Die Grün-Weißen stolperten 75 Minuten lang über ihre eigenen Füße. Doch ausgerechnet Libero und Sicherheitsrisiko Roman Wojcicki (82.), dem bis dahin fast nichts gelungen und der wegen seiner Unbeholfenheit vom Publikum mit Pfui-Rufen und Pfiffen gedemütigt worden war, leitete mit seinem Tor doch noch die Wende ein als er eine Flanke mit Glück und Geschick über die Linie beförderte. Und bereits dieses Tor fiel unter gütiger Mithilfe von Gregor Quasten. Doch das war noch längst nicht alles. Letzte Ecke von Knoll in die Stickroth sein dunkel gelocktes Goldköpfchen hielt. Der Ball flog relativ unplatziert aufs Tor. Aus der Hintertor-Perspektive ist wunderschön zu erkennen, wie Torwart Quasten, schon fast mit der Hand am Ball, diese wieder wegzog, weil er sich wohl dachte: “Ach, komm. Das wird die letzte Gelegenheit sein meinen Homburger Freunden den Sieg zu schenken.“ 92 Minuten und 20 Sekunden waren da gespielt. 2:1 und Schluß – aus die Maus. Ein glücklicher und unverdienter Sieg, für den sich die Saarländer aber nicht schämen wollten. Der Kicker bezeichnete Schönling Thomas Stickroth anschließend als „Glückspilz“ der Woche. „Das war das bisher wichtigste Tor meiner Laufbahn“, strahlte der 22-Jährige. „Ich hatte zu keinem Zeitpunkt aufgegeben“, war für Stickroth der glückliche Sieg in letzter Sekunde der Beweis dafür, dass man nie resignieren sollte. Fünf Jahre hatte Gregor Quasten das Homburger Gehäuse gehütet. Mit Klimaschefski hielt er noch immer Verbindung. Doch von Freundschaft zu seinem früheren Arbeitgeber wollte Mannheims Torhüter nichts wissen. „Wir sind Profis und spielen um Geld. Auch im letzten Auswärtsspiel haben wir nichts zu verschenken“, versicherte der 34-Jährige. Es sollte anders kommen. Damit hat der SVWM in nur drei Tagen 0:4 Punkte und 2:6 Tore gegen Homburg und BW90 „kassiert“! Die größte und anrüchigste Auffälligkeit seit dem Bundesligaskandal 1970/71. Düsseldorf was not amused! Im Hinspiel gab es noch 5:1 für Mannheim. Auch im Rückspiel war der Waldhof lange Zeit die bessere Mannschaft und alles andere als ein Auswärtssieg erschien unmöglich, ja die Vorstellung daran geradezu lächerlich. Aber dann der Bruch im Spiel mit Beginn der Schlußviertestunde. Waldhof war erst am Spieltag mit dem Bus angereist und absolvierte mittags noch ein Straftraining. Sehr unprofessionell!

Hamburger SV – Blau Weiß 90 Berlin 2:1

Die volle Konzentration der Rothosen vom Rothenbaum galt ihrem bevorstehenden Pokalfinale, das gegen den Zweitligisten Stuttgarter Kickers riesiges Blamagepotenzial barg und so zeigte der HSV bei seinem 14.ten Heimsieg nur eine mäßige Vorstellung. Die nüchterne Lesart des Favoritenerfolges (1:0 Tobias Homp, 1:1 Wolfgang Schüler, 2:1 Peter Lux) bedeutete den unvermeidbaren Abstieg von Blau Weiß 90 Berlin. Dem charmanten Neuling aus dem Bezirk Mariendorf war bis heute somit lediglich eine Bundesligasaison vergönnt. Eigentlich hätte, zu einer Zeit als Lokalmatador Hertha BSC klinisch tot war, mehr drin sein müssen für den Emporkömmling. Aber Blau Weiß war überforderter Lehrling, Chancentod und Pechmarie in einem. Zwar kämpferisch überragend, spielerische Glanzleistungen schimmerten auch immer mal wieder durch, aber vor dem Tor eine absolute Katastrophe. Nullkurs, wohin man auch schaute. Sehr holprig, trotz eines späteren Weltmeisters im Sturm, der immerhin 10 Tore erzielte und nach dem Abstieg für 1,3 Mio DM zu Werder Bremen wechselte. Nach dem die Kunde vom Siegtreffer der Homburger bis in den Volkspark gedrungen und die Rückkehr in die Zweitklassigkeit damit endgültig besiegelt war, machte sich totale Niedergeschlagenheit im Lager der Mariendorfer breit. Obwohl sie den Abstieg die gesamte Saison stets vor Augen hatten, traf sie das finale „Aus“ wie ein „K.o.-Schlag“. Manfred Hellmann kommentierte enttäuscht: „Es war noch nie so einfach in der Bundesliga zu bleiben, wie in diesem Jahr.“ Wie Recht er haben sollte, wenn man auf die Bilanz der drei Kellerkinder blickte, von denen sich eines unverdientermaßen retten sollte.

Fortuna Düsseldorf - Werder Bremen 2:1

Vor dem 33. Spieltag war die Fortuna auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht. Und ausgerechnet in dieser traumatischen Situation, erschien eine große Story im „kicker“ über den Verein mit dem Fazit: „Seitdem Gert Meyer zum verantwortlichen Mann in Düsseldorf aufrückte, verwirrt er das Team.“ Der verantwortliche Journalist kam zu folgenden Erkenntnissen über den Trainer: „Nur allzu oft, wirft er einen gestern gefassten Vorsatz, tags drauf über den Haufen. Der Trainer trägt die Verantwortung für seine Entscheidungen.“ Im Umfeld des Vereins reagierte man betroffen, denn im Artikel stand auch: Immer mehr Spieler tippen sich zum deutlichen Zeichen des Unverständnisses an die Stirn, sobald der Trainer nicht zugegen ist. Anfangs hatte er in der Truppe viele Fürsprecher. Begrüßt wurde vor allem seine Diskussionsfreudigkeit. Eine Einstellung, die sich als Bumerang erweise sollte. Durch seinen Zickzackkurs fühlten sich die Spieler später auf den Arm genommen. Was nach zahlreichen Widersprüchen und Kurswechseln blieb, war ein Scherbenhaufen und die Erkenntnis des Novizen: „Ich habe es nicht gepackt.“

48 Stunden vor dem Abstiegskrimi gab Meyer sich dagegen wieder kämpferisch: „Das ist unsere einzige verbliebene Chance. Wenn wir nicht gewinnen, sind wir abgestiegen. Homburg punktet mit Sicherheit gegen Mannheim." Der Trainer hatte keine andere Wahl als auf Trotz zu hoffen: „Wir sind praktisch totgesagt. Wovor sollen wir jetzt noch Angst haben?“ Seine Spieler blickten der Realität vor den vielleicht für lange Zeit letzten neunzig Erstligaminuten im Rheinstadion ängstlich ins Auge. Jörg Schmadtke: „Wer jetzt den Ernst der Lage nicht begriffen hat, gehört nicht in die erste Liga.“ Und Ralf Dusend garnierte sein Versprechen mit berechtigten Zweifeln: „Am Willen soll es nicht scheitern! Die Frage ist nur, ob die Mittel vorhanden sind, Werder zu bezwingen.“ Bedingungslose Siegeszuversicht ließ sich also nicht ausmachen, eher Skepsis. Und dann starb am 12. Juni 1987 auch noch Fortunas Rekordnationalspieler Paul Janes unerwartet an einem Herzinfarkt in der Straßenbahn. Zwischen den Pfosten hatte Jörg Schmadtke inzwischen wieder Rudi Kargus abgelöst. Vor dem letzten Saisonheimspiel wurden Gerd Zewe, Rudi Kargus, Manfred Bockenfeld und Dietmar Grabotin vom Präsidium mit großen Blumensträußen verabschiedet. Für den Verein sollte ein Abschied aus der Bundesliga unter allen Umständen vermieden werden. Werder Bremen, das mit elf Nationalspielern auf dem Platz stand, konnte seine spielerische Überlegenheit überraschenderweise nicht ummünzen. Die Torfolge lautete: 1:0 Dusend (5.), 2:0 Dean Thomas (35.), 2:1 Völler (71.) und hinterließ die Erkenntnis: Hätten die Fortunen immer so gekämpft, wären sie niemals im Keller gelandet! Besonders an Bockenfeld wurde der Wandel deutlich. Erst ein Totalausfall gegen Lautern, nun ein Vorbild an Einsatzbereitschaft. Ein 19-Jähriger Liberodebütant namens Sven Backhaus vertrat den kurzfristig verletzten Andreas Keim. Backhaus kam zwar mit ins Trainingslager nach Langenfeld, schlief dann aber zuhause in Hilden, da er am Spieltag noch Schule hatte! Ausschlaggebend für den Erfolg, war der Umstand, dass Sepp Weikl Nationalstürmer Rudi  Völler lange Zeit hervorragend abgeschirmt hatte. Doch nach dessen Anschlusstreffer in der 71. Minute begann das große Zittern. Im Strafraum der Rot-Weißen spielten sich die verrücktesten Turbulenzen ab. Aber es kam doch nochmal zu einem kleinen Happy End – immerhin konnte der vorzeitige Absturz vermieden werden. Es lief also alles auf ein Herzschlagfinale um Platz 16 in Bochum hinaus.

15

-

Frankfurt

33

42:49

-7

25:41

16

-

Homburg

33

31:77

-46

20:46

17

 

Düsseldorf

33

40:89

-49

19:47

18

 

BW90 Berlin

33

34:74

-40

17:49

 

 

34. Spieltag (17.06.1987)

Blau Weiß 90 Berlin – FC Homburg 2:2

Zwei Mal gerieten die Saarländer sie in Rückstand. Zunächst in der 28. Minute durch den agilen Egon Flad. Die Berliner Führung konnte Thomas Stickroth aber bereits zwei Minuten später egalisieren. Den erneuten Rückstand mussten die Grün-Weißen durch ein Eigentor von Müller (37.) hinnehmen. Diese Situation gestaltete sich schon etwas kniffliger, denn kurz nach dem Wiederanpfiff erzielte Düsseldorf in Bochum das 1:0! Homburg war in diesem Moment also virtuell in der 2. Liga. Aber dann doch bloß für sieben Minuten. Die leicht übergewichtige Homburger Spitze, Uwe Freiler, sicherte in der 58. mit dem 2:2 die Relegation, denn auch Bochum traf, und zwar gleich doppelt (62. und 72.), so dass der Abstand zwischen dem FC 08 Homburg und Fortuna Düsseldorf von einem Punkt und drei Toren gewahrt blieb. Denn auch das Match im Ruhrstadion endete ebenfalls 2:2, nachdem Sepp Weikl in der Schlußminute noch einen Elfmeter für die Landeshauptstädter verwandeln konnte. Die Prognose von Bernd Hoss bewahrheitete sich nicht: „Wir nehmen Homburg mit in die zweite Liga!“ hatte der BW90-Trainer vor dem Spiel getönt. Doch der FCH ließ sich nicht mit runterziehen und kam zu einem schmeichelhaften Remis. Bernd Hoss hatte bereits am 14.6., also vor dem letzten Spieltag, im SFB sein Fazit für eine verkorkste Berliner Saison gezogen: „Wir haben einige ganz faule Äpfel in der Truppe, die wir jetzt aussortieren müssen!“ und weiter: „Quasten wird noch ein Thema sein. Mehr will ich dazu nicht sagen“. Leider folgten diesen spektakulären Worten keine Ermittlungen, von welcher Seite auch immer.

VfL Bochum – Fortuna Düsseldorf 2:2

Diese Begegnung stand lange Zeit im Zeichen der Angst. Erst die Düsseldorfer Führung nach 51 Minute sorgte für das belebende Element. Dann der Ausgleich durch Uwe Wegmann (62.) nach einer Ecke, die noch tagelang für Diskussionen sorgen sollte. Schließlich Klaus Fischers Kullertor zur Führung (72.). Über sein letztes Bundesligator schien sich der Altinternationale nicht so recht freuen zu können. Fortunas polnischem Ausputzer Rudi Wojtowicz bot sich dann in der 80.ten Minute die Riesenchance zum Ausgleich, die er hilflos versemmelte. Trainer Gert Meyer wechselte ihn daraufhin sofort aus. Das alles war zu viel für die Düsseldorfer Fans unter den 12.000, die mit einem Rauchbombenfestival für eine mehrminütige Unterbrechung sorgten. In der allerletzten Bundesligaminute fiel dann doch noch der Ausgleich durch ein Elfmetertor von Sepp Weikl nachdem Lothar Woelk Michael Blättel zu Fall gebracht hatte. Schlußpfiff – 2:2 wie in Berlin, also alles beim alten. Homburg in der Relegation gegen den Zweitligadritten FC St. Pauli und die Düsseldorfer Fortuna musste direkt runter ins Unterhaus und das nach 16 Jahren durchgehender Erstligazugehörigkeit. Das Kapitel Erstklassigkeit war damit für den stolzen Pokalsieger von 1979 und `80 sowie Europacupfinalisten von 1979 vorerst erledigt. Fast mag man sagen ENDLICH bestand die grausame Gewißheit darüber die Bundesliga verlassen zu müssen, statt ständiges Vertrösten auf die allerallerletzte Chance. Die einzige Hoffnung auf baldige Wiederbelebung des Traditionsvereins bestand tatsächlich in einem Neubeginn am Nullpunkt. Dazu gehörte die teilweise schmerzhafte Trennung von langjährigen Leistungsträgern wie Ralf Dusend, Manfred Bockenfeld und natürlich Gerd Zewe. Große Namen, die einen durch die eigene Kindheit begleitet haben. Aber auch die Möglichkeit die Graupen (Grabotin, Keim, Del’Haye, Jakobs) auszusortieren und mit einer jungen und leidenschaftlichen Mannschaft die Liebe der Düsseldorfer zu ihrer Fortuna neu zu entfachen. Einige Vertreter dieser zukünftigen Generation standen mit Sven Demandt, Michael Preetz, Jörg Schmadtke und Sven Backhaus bereits in Bochum auf dem Platz. Hinzugerechnet werden musste auch der verletzte Dirk Krümpelmann. Vielversprechender Jugendstil war also das Motto für 1987/88 bei der Fortuna in der 2. Liga. Ob das zum Wiederaufstieg reichen würde?

15

-

Frankfurt

34

42:53

-11

25:43

16

-

Homburg

34

33:79

-46

21:47

17

-

Düsseldorf

34

42:91

-49

20:48

18

-

BW90 Berlin

34

36:76

-40

18:50

Regelverstoß, Wiederholungsspiel, Aufstockung? Die Bundesligasaison 1986/87 ging vor Gericht in die Nachspielzeit

 

Kaum waren die ersten Tränen bei den Anhängern der Fortuna getrocknet, flammte erneut die Hoffnung auf den Klassenerhalt auf, denn das Geschehen auf dem Bochumer Rasen sollte, so schien es, ein Nachspiel vor Gericht haben, an dessen Ende, Düsseldorf statt Homburg in die Relegation hätte einziehen können, wenn, ja wenn die Fortuna in einem Wiederholungsspiel zuvor den VfL Bochum mit mindestens drei Toren Differenz hätte besiegen können.

Grund für diese Entwicklung war das Verhalten von Schiedsrichter Joachim Kautschor aus Eschweiler bei dem Eckball, der zum 1:1-Ausgleich für Bochum geführt hat.

Beim Stande von 0:1 entschied Kautschor in einer Situation auf Eckstoß für die Gastgeber, die jedoch vehement Strafstoß forderten. Die Bochumer Akteure Frank Schulz und Lothar Woelk diskutierten aufgeregt mit dem Unparteiischen und nahmen ihm teilweise die Sicht auf’s Spielgeschehen. Währenddessen wurde die Ecke ausgeführt und Uwe Wegmann hämmerte den Ball unhaltbar aus der Distanz zum 1:1 ins Tor.

Niemand protestierte. Alles ging seinen gewohnten Gang. Erst nach der Rückkehr ins heimische Düsseldorf heckten die Fortuna-Verantwortlichen - aufgrund eines Berichts der Sendung Sport im Westen - gemeinsam mit findigen Anwälten einen Protest gegen die Spielwertung aus, woraufhin die Angelegenheit vor dem DFB-Sportgericht landete.

Die DFB Spielordnung sah unter dem Paragraphen §25 Einspruch gegen Spielwertung vor, dass Einsprüche gegen die Spielwertung u.a. mit folgender sachlicher Begründung erhoben werden können:

c) Regelverstoß des Schiedsrichters, wenn der Regelverstoß die Spielwertung als verloren oder unentschieden mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflusst hat.

ZDF kommentierte dies so: „Genau das scheint aber nicht der Fall gewesen zu sein, da sich alle Düsseldorfer genauso verhielten, wie bei einem regulären Eckball. Fehlende Freigabe war nicht der Grund für das folgende Tor, in dessen Anschluss niemand der Düsseldorfer auch nur ansatzweise protestierte.“

Aber vor dem Gericht gab Schiedsrichter Kautschor zu, dass er den Eckball nicht freigegeben und damit einen Regelverstoß begangen habe.

Sein Eingeständnis einen Eckball nicht freigeben zu haben, stürzte den DFB ins Chaos und zerstörte diverse Urlaubspläne. Düsseldorf hatte erfolgreich eine Neuansetzung erzwungen, denn tatsächlich sahen die Sportrichter einen Regelverstoß und entschieden zugunsten der Fortuna, "weil das Spiel noch nicht wieder freigegeben war", begründete Hanns Bär, der Vorsitzende des Sportgerichts, das Urteil. "Fernsehaufnahmen haben das bestätigt." Nun war die Verwirrung komplett. Die Fortuna trommelte ihre Mannschaft wieder zusammen und stellte sich auf ein Wiederholungsspiel ein, der FC Homburg startete währenddessen in das erste Relegationsspiel gegen St. Pauli und legt seinerseits Protest ein.

20.06.1987

DFB-Vorstand und -Spielausschußvorsitzender Jürgen Werner stellte sich zu diesem Thema beim Pokalendspiel ZDF-Reporter Wolfram Esser zum Interview.

WE: „Welche praktische Lösung können Sie sich vorstellen?“

JW: „Es gibt eine Überlegung, die wir nun anzustellen haben – die Relegationsspiele (zwischen Homburg und St. Pauli) finden wie vorgesehen statt. Es gibt eine zweite Instanz, das DFB-Bundesgericht. Die wird darüber bestimmen, wie wir weiter verfahren wollen.“

Herr Werner zählte weitere praktische Probleme auf: „Der Rasen im Stadion wurde bereits neu eingesät. Zudem spielt Bochum im ICS -Pokal. Und Homburg müsste eigentlich parallel zu dem Wiederholungsspiel auch nochmal spielen. Anderes denkbares Szenario: Pauli gewinnt die Relegation und sähe sich dann mit einem ganz anderen Gegner konfrontiert: Fortuna Düsseldorf. Aber mit all dem warten wir ab, bis zur Entscheidung des Bundesgerichts. Auf keinen Fall gibt es eine Aufstockung der Liga!“

21.06.198

Relegationshinspiel FC Homburg – St. Pauli 3:1

24.06.1987

Nachdem die Düsseldorfer Spieler ihren Urlaub angetreten hatten und in halb Europa verstreut waren, wurden sie zurückbeordert und nahmen das Training wieder auf.

Andreas Kaiser war zunächst unauffindbar und galt vorübergehend sogar als verschollen. Seine plausible Erklärung: „Ich war am Gardasee gewesen.“

Entweder es gibt ein Wiederholungsspiel oder die Liga wird aufgestockt, so die Auffassung im Lager der Fortunen.

Bochums geplante Israelreise war gefährdet. Entgegen anderslautender Gerüchte war der Rasen jedoch noch bespielbar ("Unser Rasen im Ruhrstadion wird neu eingesät. Wir müssten daher in Dortmund spielen". Das hatte VfL-Präsident Ottokar Wüst zunächst behauptet!). Was fehlte waren die Tore (im Stadion) und die Motivation.

Trainer Hermann Gerland war verschnupft: „Wir gehen völlig unvorbereitet in das Spiel rein. Die Spieler haben seit dem 17.06.1987 nicht mehr trainiert und ich habe sie auch noch nicht angerufen.“ Und weiter: „Obwohl wir nicht mit unserer stärksten Mannschaft antreten, werden wir zeigen, dass wir hier nicht von Düsseldorf mit 4:0 geschlagen werden.“

24.06.1987

Relegationsrückspiel St. Pauli - FC Homburg 2:1. Damit hatte sich Homburg gegen die Hamburger durchgesetzt.

 

25.06.1987

Dem Einspruch Fortuna Düsseldorfs gab das DFB-Sportgericht zunächst statt. Das bedeutete Wiederholungsspiel. Dagegen protestierten die nun benachteiligten Homburger.

In der eilig anberaumten Berufung verkündete das DFB-Bundesgericht unter dem Vorsitz von Georg Adolf Schnarr dann aber um 17 Uhr 13: „Auf die Berufung wird das Urteil des Sportgerichts vom 20.06.1987 und der Einspruch des Vereins Fortuna Düsseldorf gegen die Wertung des fraglichen Spiels zurückgewiesen!“

Die zentrale Frage lautete: Gab es einen Regelverstoß oder ein Fehlverhalten des Schiedsrichters?

„Es gab keine Spielunterbrechung und damit auch keine Notwendigkeit das Spiel wieder freizugeben“, so lautete die Hauptbegründung des Vorsitzenden für die Zurückweisung.

Das Hinzeigen auf den Eckstoß, sei auch schon dessen Freigabe gewesen. Es wird sich seit Jahren um eine schnelle Spielfortsetzung bemüht. D.h. wird nicht zurückgepfiffen, ist der Eckball freigegeben. Somit kann kein Regelverstoß vorgelegen haben.

Fortuna-Präsident Peter Förster zeigte sich gleichermaßen enttäuscht wie irritiert: „Nach den Aussagen des Herrn Kautschors heute, muss der Herr Kautschor ein Spiel geleitet haben und zwei Spiele gesehen haben.“

Der Fortuna-Advokat antwortete auf die Frage: „Fühlt sich Fortuna Düsseldorf verschaukelt?“

„Ja, ich bin enttäuscht. Wir haben eine Bestätigung des ersten Urteils erwartet. Über die eigentliche Begründung bin ich nicht so enttäuscht. Eher über die Aussagen des Herrn Kautschor. Seine Aussagen stehen im Gegensatz zu den damals gemachten in der ersten Verhandlung. Mir kommt es vor als wären bei der Urteilsbegründung einige juristische Klimmzüge gemacht worden um aus dieser Situation herauszukommen.“

Referee Joachim Kautschor (46) zeigte sich von dem ganzen Rummel um seine Person unbeeindruckt: „Ich habe alle wesentlichen Spielumstände sehr genau beobachtet und mitbekommen.“

Während der Mann aus Eschweiler offensichtlich eines Tages ein reines Gewissen mit ins Grab nehmen dürfte, hat der skandalumwitterte, damalige Waldhof-Torhüter Gregor Quasten sein Geheimnis mit in den Tod genommen. Er verstarb bereits 2004 im Alter von nur 52 Jahren an Krebs.

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