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Auf der Zielgerade

Kann sich noch jemand an Südafrika - Mexiko erinnern? Nein? Das war das Eröffnungsspiel der XIX. FIFA Fußball-Weltmeisterschaft und es scheint bereits eine halbe Ewigkeit zurückzuliegen. Für 28 Länder besteht die WM nur noch aus (nicht so) schönen Erinnerungen. Aber für vier Teilnehmer geht es jetzt um alles! Sie biegen mit der WM  unweigerlich auf die Zielgerade ein. Mit dem kleinen Uruguay ist ein echter Außenseiter ins Halbfinale eingezogen. Der letzte Vertreter der Südamerikafraktion war vor grauer Urzeit zwei Mal Weltmeister: 1930 als Gastgeber und 20 Jahre später in Brasilien als ihnen im entscheidenden letzten Gruppenspiel ein 2:1 gegen den haushohen Favoriten gelang. Damals schoß die Selbstmordrate in Brasilien rapide in die Höhe. Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Inzwischen haben die meisten Fans gelernt mit Niederlagen umzugehen. Im Lande des zweifachen Vizeweltmeisters aus Holland sind die Erwartungen aber dermaßen hoch, das alles andere als ein Finaleinzug der Elftal einer riesigen Enttäuschung gleichkommen würde. Die Oranjes boten zwar eine sehr starke Leistung im Viertelfinale als sie einen 0:1 Rückstand gegen Brasilien - mit etwas Glück - noch in einen Sieg verwandelten, aber deswegen sollten sie sich ihrer Sache nicht zu sicher sein. Spieler wie Boulahrouz, Heitinga, de Zeeuw und van Persie stehen nicht gerade für die creme de la creme des internationalen Fußballs. Und die wiederauferstandenen Urus haben bewiesen, dass sie sehr sehr schwer zu bezwingen sind. Ihre Trumpfkarte ist Europas Torjäger des Jahres, Diego Forlan, der mit zu den größten Überraschungen des Turniers gehört. Ich habe nicht geahnt, wie spiel- und laufstark er ist. Hoffentlich wissen die Niederländer es, dann könnte es tatsächlich heißen: hup Holland hup! Mein Tipp: 1:1 nach 90 Minuten und in der Verlängerung bzw. im Elfmeterschießen ist alles möglich.

 

Traumfinale

Bei allem Respekt gegenüber Uruguay und Spanien, aber die Welt wünscht sich das Traumfinale Holland-Deutschland. Bis dahin ist es aber ein steiniger Weg für beide Teams. Gerade unser DFB-Team ist durch die Sperre Thomas Müllers enorm geschwächt. Die Situation erinnert ein wenig an das 2006er Semifinale, in dem Torsten Frings  - aufgrund italienischer Interventionen - nachträglich gesperrt wurde. Spaniens Torjäger, David Villa, blieb dies nach seinem Faustschlag gegen Honduras erspart. Wer weiß, ob die Iberer dann überhaupt die Gruppenphase überstanden hätten. Es gibt mehrere Kandidaten um den Münchener Kometen zu ersetzen. Gleichwertig kann das wohl nicht gelingen, aber bei einem Toni Kroos an seiner Stelle hätte ich weniger Bauchschmerzen als bei Marco Marin oder dem anscheinend von Löw favorisierten Piotr Trochowski. Letzterer ist zwar stark am Ball, ihm mangelt es aber an Dynamik. Außerdem verliert er im entscheidenden Moment den Blick für den Mitspieler und schießt dann lieber aus aussichtsloser Position in den Durbaner Nachthimmel oder flankt hinters Tor. Davon möchte ich verschont bleiben. Ich möchte hier keinen Tipp wagen, wünsche mir aber ein erneut schönes Spiel, in dem wir hoffentlich die Oberhand behalten werden.

 

Waldschrat

Ich habe hier unlängst drum gebeten, dass wir uns nicht ins Finale mogeln sollen, sondern dass man uns die ganz Großen vorsetzt. So ist es tatsächlich gekommen und es hat sich bislang gelohnt. Aber die Anspannung vor dem Spanienspiel zerfetzt mein eigentlich stabiles Nervenkostüm. Ich befürchte, dass ich das morgen nicht packe, um nicht gar zu sagen: Ich habe Angst! Angst vor einer erneuten Niederlage gegen die furia roja. Angst davor, dass irgendwelche Erbsenzähler das deutsche Märchen noch relativieren werden. Angst davor, dass diese beknackte, unnötigerweise von der deutschen Presse zum Machtkampf hochsterilisierte, Geschichte um Ballacks plötzliche Abreise und Lahms-Interviewaussagen ("Ich werde die Kapitänsbinde nicht mehr hergeben") negative Folgen auf das fragile Gebilde einer Mannschaft haben könnten. So werde ich mich morgen abend an einen unbekannten Ort in die Natur zurückziehen und meditieren. 2006 gegen Schweden habe ich das schonmal gemacht und es hat funktioniert (2:0). Später lasse ich mich dann überraschen, wie das Spiel ausgegangen ist und steige nur allzu gerne in die entsprechenden Feierlichkeiten ein. Falls es mit dem Titelgewinn klappt, bin ich bereit an Maradonnas Stelle nackt um den Obelisken zu laufen, wenn es mich das nächste Mal nach Buenos Aires verschlägt. Bleibt die Frage, wo auf Gottes Erden man ein lauschiges Plätzchen findet, an dem man nichts von dem Spiel mitbekommt. Vorschläge sind herzlich willkommen!

 

Jubelperser

Grundsätzlich beneide ich die Fans, die vor Ort in Südafrika ihr Heimatland unterstützen und anfeuern. Als deutscher Fan in Bloemfontein gegen eine englische Übermacht anzusingen, dass hat schon Charme. Dort ist die Gefahr eher marginal nicht auf echte Fans sondern auf Trittbrettfahrer und Wendehälse zu treffen. Dennoch hat sich auch in den Stadien eine seltsame Spezies breit gemacht. Nein, ich rede hier nicht von den 90 Minuten zu den anmutigen Bewegungen bei Schweiz-Honduras durchtanzenden Afrikanern, sondern von ekelerregenden Jubelpersern. Sie kommen aus Italien, USA, Ghana oder Brasilien. Ihnen ist gemein, dass sie nach dem Ausscheiden ihrer Teams wie ein Häufchen Elend auf ihren Plätzen in sich zusammensacken. Ihre traurigen Augen scheinen untröstlich. Gerade als man sie gedanklich umarmen und vor der bösen Welt da draußen in Schutz nehmen möchte, entdeckt einer von ihnen, dass sie von der Kamera eingefangen wurden und auf der Großleinwand und damit in der ganzen Welt zu sehen sind. Sofort hellt sich das Gesicht des Entdeckers auf, er stupst seine Freunde an und gemeinsam gebärden sie sich wie ein Haufen Irrer, die kollektiv ausflippen. Und als hätte es Cannavarros Scheitern, Melos Eigentor oder Asamoa Gyans Fehlschuß nicht gegeben wird gefeiert als gebe es kein Morgen. Dafür fällt mir nur ein Wort ein: W-I-D-E-R-L-I-C-H. So, das musste mal raus. Jetzt kann das Bällchen wieder rollen...

Tag(s) : #Dirki bloggt die WM-EM
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