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Der russische Bär erhebt sich

Der Eröffungstag bot einen ansprechenden Mix aus unverdaulichem Magerquark (Zweite Halbzeit Polen-Greece) und schmackhaftem Kaviarfußball aus russischer Produktion. Die Sbornaja ließ ja schon letzte Woche mit einem 3:0-Sieg in und über Italien aufhorchen, man konnte aber nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass sie auch die tschechischen Routiniers derart demontieren würden. Zumindest ich konnte das nicht ahnen. Mein Vater hatte 4:0 für die Sbornaja getippt. Vor dem Spiel wohlgemerkt! Ich habe ihn ausgelacht und mich hilflos an meinen Unentschieden-Tipp festgeklammert. Man merkt, ich habe immer noch nicht die geringste Ahnung vom Fußball.

Mein nächster Versuch das Gegenteil davon zu beweisen, der vermutlich ebenfalls kläglich scheitern wird wie seine abertausend  Vorgänger, lautet: Wir haben die beste Turnierleistung der Russen bereits gesehen. Begünstig durch die extrem schwache tschechische Defensive um Roman Hubnik, kamen die Mannen aus St. Petersburg und Moskau spielend leicht zu einer schnellen 2:0-Führung. Als sie danach das Tempo rausgenommen haben und später den Anschluß kassierten, gerieten sie in Bredouille und schon wurden die Schwächen der russischen Mannschaft offensichtlich. Die Innenverteidiger agieren zu statisch, sind darüberhinaus langsam, der Torhüter ist reinster Durchschnitt, das ganze Team schlichtweg überaltet. Natürlich werden sie ins Viertelfinale einziehen und dort möglicherweise auf die DFB-Elf treffen. Aber spätestens dann wird Russland seinem biblischen Durchschnittsalter von 30,5 Jahren Tribut zollen müssen.

Die Gelassenheit des Alters

Im wahren Leben ist 30,5 natürlich nicht alt sondern blutjung. Es steht zu vermuten, dass nicht nur Sportler sondern auch die Otto Normalbürger ungern in die Jahre kommen. Aber für eine gewisse Spezi Mensch bringt das "Alter"  durchaus auch positive Begleiterscheinungen mit sich. Ich spüre das an mir selbst, denn ich gehöre ja auch zur Spezie "Fan"! Als Fan habe ich im Laufe der Zeit Fortschritte gemacht. Vor meinem 20. Turnier seit 1974 sehe ich vieles gelassener, nicht mehr so verbissen, wie 1986 oder 1992, als ich nach Finalniederlagen wochenlang jegliche Kommunikation und Nahrungsaufnahme veweigerte. Ganz schlimm war es 1994 als ich fluchtartig bei Nacht und Nebel New York verließ, nur weil ich es keine Sekunde mehr am Ort der Schmach von East Rutherford (K.O. im WM-Viertelfinale gegen Bulgarien) aushalten konnte. Ein normaler Mensch hätte noch ein wenig im Big Apple "gechillt", wie es heute so schön heißt. Aber was ist an mir schon normal?

Heute kann ich nur meine damalige Verbissenheit und den Fanatismus schmunzeln. Heute weiß ich es besser; es geht doch nur um Fußball. Man möchte einfach nur ein schönes und faires Spiel sehen. Der Bessere soll gewinnen, ist doch selbstverständlich - solange der Bessere Deutschland heißt!

It's his Birthday...

Nachdem schon Spiegel Online gestern bei mir abgeschrieben hat ("Risikoeinsatz der Routiniers") scheint auch bei Joachim Löw in einem kaum für möglich gehaltenen Prozeß ein Umdenken eingesetzt zu haben. Denn laut Kicker-Eilmeldung droht das Pendel bezüglich des Mittelstümerpostens Richtung Mario Gomez umzuschlagen. Im Trainerteam, so berichtet das Fachmagazin weiter, soll es "ernsthafte Überlegungen geben Mario G. starten zu lassen." Das hört sich ein wenig nach unkalkulierbarem Experiment mit einem zwar talentierten aber noch unerfahrenen Emporkömmling an, wäre aber einfach nur die logische Konsequenz aus den vergangenen Monaten.

Traurig wäre das für den beliebtesten deutschen Stümer seit Rudi Völler, Mirsolav Klose. Der hat zudem heute Geburtstag. 34 Jahre wird der alte Kadaver bereits. Trotzdem scheint es neben der Torte aus dem Mannschaftskreis vorerst keine weiteren Präsente für den Jubilar zu geben. Verzichtet Chefdramaturg Löw wirklich auf Sentimentalitäten? Noch habe ich Zweifel dran. Aber für mich ist Gomez oder Klose nicht die entscheidende Glaubensfrage sondern eher die nach der Form Mertesackers und danach ob der in der Rückrunde von Verletzungen geplagte Maximo Leader, Bastian Schweinsteiger, seinen Rhythmus findet. Sollte dies der Fall sein und zudem Poldi seine Abschlußstärke, Thomas Müller seine Unbekümmertheit und Merte seinen Gegenspieler wiederfinden, dann kann es beim Aufeinandertreffen von Deutschland und Portugal nur einen Sieger geben und der kommt nicht von der iberischen Halbinsel. Ich freue mich einfach auf das Spiel und darauf - neben Müller - auch Özil und später Reus in Galaform erleben zu dürfen.

Portugal - Das überschätzteste Team dieser EM?!?

Aus der Heimat unseres Auftaktgegners hört man übrigens viele Klagen über das hochnäsige Auftreten der "Seleccao". Es gäbe zu viele Partys und PR-Termine. Generell lief die Vorbereitung wie ein großer Zirkus ab, mit dem 1:3 gegen die Türkei als negativem Highlight. Bei der WM in Südafrika waren die Iberer für mich einer der größten Enttäuschungen und ich traue ihnen taktisch und wie auch als spielerisches Kollektiv sehr wenig zu. Wenn da nicht immer die Gefahr bestünde, dass Christiano Ronaldo (60 Tore in 55 Pflichtspielen bei Real) ein Geniestreich rausrutscht, wäre diese Partie für mich das leichteste Spiel der Deutschen überhaupt. Zum Glück ist CR7 im Nationaldreß nur ein Schatten des Spielers, der Real Madrid zu ersten Meisterschaft seit 4 Jahren geführt hat. Bislang ist dem Gockel von der Blumeninsel Madeira noch kein Tor gegen Deutschland gelungen. Diese Serie sollte bitte schön um 22 Uhr 30 immer noch Bestand haben...

Die ersten Ukrainerinnen ziehen blank

Jedes Turnier schreibt seine eigenen Geschichten - auch abseits des Fußballs. Das wird in Polen und der Ukraine nicht anders sein. Im Gegenteil. Schon an Tag 1 der EURO gelang es halbnackten Demonstrantinnen das Eröffnungsspiel der EM als Bühne für ihren Protest gegen Prostitution und Frauenfeindlichkeit zu nutzen. Die Damen der ukrainischen Organisation Femen entblößten vor dem Nationalstadion von Warschau ihre Brüste, riefen "Fuck EURO" und machten damit wieder einmal spektakulär auf ihre Ziele aufmerksam. Die Frauen, die sofort von Kameraleuten und Fotografen umringt wurden, landeten schließlich in einem Polizei-Auto - nicht, ohne sich noch zu äußern: "Unsere Politiker verschwenden Geld für neue Stadien, aber sie tun nichts gegen die wichtigen Probleme, z.B. die Prostitution in den Gastgeberländern." Ein fürwahr ernstes Thema, aber dennoch bin ich der Meinung, dass eine EM auch dann nicht als Bühne mißbraucht werden sollte, wenn nackte Haut im Spiel ist, um gegen Wahlbetrug, die Ausbeutung der Frau und Korruption zu protestieren. Sollte ich allerdings nächster Woche, wenn ich selbst vor Ort sein werde, Augenzeuge dieser Demonstrationen sein, werde ich selbstverständlich den Damen von Femen meine vollste Unterstützung und Aufmerksamkeit angedeihen lassen. Das Leben ist halt nicht nur Fußball. Auch meins nicht...

Tipps für den 09. Juni 2012

Niederlande - Dänemark 1:1

Deutschland - Portugal 3:1

Tag(s) : #Dirki bloggt die WM-EM
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