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Ranglisten des deutschen Fußballs

 

80. FC Homburg – Fortuna Düsseldorf 1:0

19.09.1989, Bundesliga, 1989/90, 10. Spieltag

Das Jahr 1989 erlebten wir wie im Rausch. Die Fortuna legte unter Aleksandar Ristic in der Rückrunde 88/89 einen phänomenalen Endspurt hin. Mit sieben Siegen in Folge beschloß die Fortuna die Saison als souveräner Zweitliga-Meister. Der Beginn der Bundesligasaison 89/90 bescherte uns viel Lob, aber wenig Punkte. Mit 7:11 Zählern traten wir die Reise zum Mitaufsteiger FC Homburg an. Das war jenes legendäre Spiel, das an einem Dienstagnachmittag stattfand. Diese ungewöhnliche Anstoßzeit lies nicht erahnen, dass auch hier das damalige Auswärtsmotto: „Verführen, Vernaschen, Verschwinden“ zum Zuge kommen könnte. Dass es anders kommen würde, deutete sich schon bei der Erstinspektion des Bierstandes, der sich nur fünf Meter hinter dem Gästeblock befand, an. Kein Preisschild! Mißtrauisch bestellte ich die lokale Spezialität, ein Karlsberg Urpils. „2 Mark 50, junger Mann“ sagte die gemütliche Dame, während sie mir einen 0,4 Liter Gefäß reichte. Gedankenblitze zuckten durch mein Hirn: Befand ich mich auf einer Zeitreise ins Saarland der 50er Jahre? Wollte sie mich bloß anfixen oder war ihr Ziel gar die Verführung Unmündiger? Sei's drum, Ich nahm den Becher und verschwand, schwor aber wiederzukommen. Ein Versprechen, das ich im Schnitt alle drei Minuten einlöste. Nach und nach sprach sich herum, daß das Paradies auf Erden doch exisierte und der Block wurde leerer – Bierstand und Fans dagegen immer voller. Übermütig versuchten einige sogar die Bude davonzutragen, um sie in Düsseldorf wiederaufzubauen. Ein Versuch der vier Jahre später mit dem Würstchenstand in Teveren ebenfalls scheitern sollte. Mitte zweite Halbzeit: Alarmstufe Rot – das Bier ist alle! Egal, die 14 Becher, die ich bis dahin trank, hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Ich schaffte es gleichzeitig am Biertresen zu sein, meine gute Kinderstube zu vergessen und wie ein Höhlenmensch am Zaun zu rütteln. Mein hilfloses Opfer war dabei Petr Rada, den ich in der Schlußphase dieses grottenschlechten Fortuna-Auftritts lautstark für alle Verfehlungen meines Lebens verantwortlich machte – und das waren selbst zum damaligen Zeitpunkt so einige. Es half nichts. Die Saarländer zerrten die Fortuna auf ihr unterirdisches Niveau herunter und machten sie im Liegen fertig. Eine Leistung, die Taktikfuchs Ristic mit der Fortuna noch perfektionieren sollte. Wir unterlagen mit 1:0 - natürlich durch ein Tor eines Ex-Fortunen (Daniel Jurgeleit). Trotzdem verließen wir singend und tanzend das Stadion, denn wir wussten: 0 Punkte in Homburg hin oder her - als Düsseldorfer waren wir automatisch zu cool für diese Welt!

 

 

79. Fortuna Düsseldorf – Karlsruher SC 0:1

07.11.1992, DFB-Pokal, 1992/93, Achtelfinale

10.000 Zuschauer im Nieselregen erlebten eine ganz andere Fortuna als im tristen Zweitliga-Alltag. Da war Fortuna Letzter (Platz 24.) mit jämmerlichen 12:28 Punkten. Aber immerhin konnten in der Vorwoche die Giganten vom VFB Oldenburg mit 3:0 bezwungen werden. Sieg Nummer drei (!) an den ersten zwanzig Spieltagen der Vereinigungssaison. Doch an diesen ungemütlichen Abend war alles anders – eine stürmisch aufgelegte Fortuna bot Tempo, Spielwitz, Kampfgeist und herrliche Kombinationen auf CL-Niveau. Leider spielte sich der aufstrebende KSC-Torwart Oliver Kahn ausgerechnet zu jener Zeit in die erweiterte Weltklasse. Kahn oder ein Verteidiger-Bein retteten für die Badener spätestens auf der Linie, wenn die Metzger um Nowotny und Reich nicht vorher schon mit ihren elfmeterreifen Fouls bei Schiedsrichter Theobald aus Neunkirchen auf blindes Verständnis gestoßen wären. Und wenn es schien als könnte niemand mehr dem Dritten der Bundesliga (2 Punkte hinter Spitzenreiter Bayern) helfen, schoben Jörg Albertz und Andrzej Buncol den Ball aus der Nahdistanz angenehm rücksichtsvoll an den Pfosten. Die Zuschauer, teilweise pitschenaß, waren nun komplett aus dem Häuschen. Nur eine Chance gestattete der entfesselte Zweitligist dem KSC in der ersten Halbzeit ohne das Jörg Schmadtke beim Schuß von Rainer Schütterle parieren musste. Als es aussah als könnte Fortuna keine Schippe mehr drauflegen, legten die Rot-Weißen noch eine Schippe drauf. Alles vergeblich und so kam es wie es kommen musste: 85. Minute – Die Ecke von Manni Bender kommt gefährlich in den 5-Meterraum. Der bis dahin unsichtbare Rainer Krieg verpasst die Kugel und fällt hin wie ein dicker Borkenkäfer. Doch der Ball prallt vom Oberschenkel Ralf Looses zurück Richtung des auf dem Boden liegenden Krieg, der sein Bein hochreißt und per Liegerückzieher das Spielgerät in den Winkel befördert. Damit war der Spielverlauf völlig auf den Kopf gestellt. Die geschockten Düsseldorfer konnten sich zu keiner Aktion mehr aufraffen und die unwürdigen Sieger wurden von einem wütenden Pfeifkonzert in die Katakomben begleitet. Eigentlich hätte der couragierte Auftritt bei heimischen Spielern und Fans den Mut für eine erfolgreiche Aufholjagd wecken können. Aber, was zu diesem Zeitpunkt keiner wissen konnte, Düsseldorf erlebte das letzte Hurrah einer seelenlosen Mannschaft, die ein halbes Jahr später sang- und klanglos in die drittklassige Oberliga Nordrhein absteigen sollte.

 

 

78. FC Ingolstadt – Fortuna Düsseldorf 3:0

22.09.2010, 2. Bundesliga, 2010/11, 5. Spieltag

Das zweite Jahr soll ja für einen Aufsteiger immer das Schwerste sein. Diese angebliche Fußballweisheit schien sich im Frühherbst 2010 auch für die Fortuna zu bewahrheiten. Nach einem überragenden vierten Platz nach dem Aufstieg, fand man sich nach vier Spieltagen auf dem vorletzten Tabellenplatz wieder und traf an diesem Dienstagnachmittag auf das Schlusslicht aus Niederbayern. 5.900 offensichtlich völlig schmerzfreien Menschen mangelte es an Ideen für eine alternative Freizeitgestaltung und so fanden sie sich im AUDI-Sportpark ein. Beide Teams waren bis dahin noch punktlos. F95 konnte mit zwei mickrigen Törchen (davon ein Eigentor) "angeben". Nicht ganz unbeteiligt an dieser desaströsen Bilanz war „Chancentod“ Sandor Torghelle. Der Königstransfer der Werner’schen Sommerbemühungen, sollte Martin Harnik vergessen machen lassen, der zum VFB Stuttgart wechselte. Torghelle brauchte nicht lange um auf mitleidserregendste Art zu beweisen, dass er kein Harnik war. Wie er sich so von Übergewicht und Dauerzerrungen gezeichnet über den Platz schleppte, mochte man ihm fast zurufen: „Mach Geocoaching oder Power-Stricken, aber lass das mit dem Fussball sein. Das hat keinen Sinn!“ Am Ende dieses frappierendes Mißverständnisses standen 16 nicht in Erinnerung gebliebene Auftritte des Ungars und ein einziges Tor zum wenig bedeutsamen 3:0-Endstand gegen Oberhausen. Nach dem wenig verheißungsvollen Saisonstart wartete man gespannt darauf, welche Impulse der Trainer zu setzen beabsichtigte. Norbert Meier hatte jedoch anderes im Sinn und erinnerte vor dem wegweisenden Match eher an den späten Helmut Kohl: „Wir dürfen nicht in Aktionismus verfallen.“ Aha. Was bedeutet solche eine Aussage? Sie hat ungefähr den gleichen Informationsgehalt wie: „Meine Oma ist doof!“ Meier selber verfiel jedoch in Aktionismus und änderte die Formation auf vier Positionen, u.a. kam Melka (Meier: „Er wird sicherlich sein Bestes geben.“) für Ratajczak. Ein Wechsel zwischen den Pfosten, der sich rächen sollte. Assani Lukimya, der später noch eine bärenstarke Rolle im rot-weißen Dreß spielen sollte, hatte nach seinem Transfer aus Jena noch Anpassungsschwierigkeiten. Wie ein tapsiger Tanzbär ließ er sich beim 2:0 durch einen simplen Doppelpaß austricksen und beim 3:0 wurde er von Malte Metzelder verladen, obwohl dieser in seiner Beweglichkeit eher Pinocchio als seinem weltmännischen Bruder Christoph ähnelte, so dass der ungestört Fabian Gerber freispielen konnte, der in der 60.ten Minute zum 3:0-Endstand vollstreckte. Den unrühmlichsten Part bei diesem Treffer aber spielte Michael Melka, der von Gerbers Schuß überlupft wurde, obwohl er nur drei Meter vor dem Tor stand und den Ball spielend hätte halten müssen. Aber er entschloss sich, in letzter Sekunde die Hand wegzuziehen. Warum auch immer. Im Field-Interview verteilte Melka die Schuld an der Niederlage großzügig auf mehrere Schultern: „Wir kamen als Mannschaft nicht auf 100% und dann wird es auswärts schwer.“ Gut, dass er das geklärt hatte. Dass Fortuna der Aufbaugegner par excellance für schwächelnde Truppen ist, wurde hier wieder einmal nachhaltig bewiesen. Willkommen in der Matrix.

 

77. Fortuna Düsseldorf – VFL Osnabrück 2:2

26.03.2005, Regionalliga Nord, 2005/06, 27. Spieltag

Zwei Wochen nach der Entlassung von Generalmanager Thomas Berthold wegen Spesenbetrugs (104 €, „Bienenstich-Urteil“) spielte die Fortuna erstmals wieder in der LTU arena. Damals, kurz nach Fertigstellung des neuen Stadions, wechselte man noch - je nach (Attraktivität des) Gegner(s) - zwischen den Spielstätten hin und her. Jedenfalls lag der arena-Anfangszeit noch was Archaisches, Chaotisches inne. Zuschauer, Caterer und Kunden fremdelten arg und mussten erst ein Gespür füreinander entwickeln (ein bis heute – 8 Jahre später – für so manchen immer noch nicht abgeschlossener Prozeß). F95 befand sich nach der voran gegangenen Heimpleite (am Flinger Broich) noch in akuter Abstiegsgefahr auf Platz 12. Preußen Münster stand punktgleich auf dem ersten Abstiegsplatz (15.) und hatte bis dato ein Spiel weniger ausgetragen. Der VFL war als Spitzenteam angereist (4.) und konnte auf eine stolze Serie von 13 Spielen ohne Niederlage verweisen. Großes Staunen über die arena und ihre kunterbunten Sitze gab es auch in den Medien: „Das hat den angenehmen Effekt, dass das Stadion immer voll aussieht.“ Schon in der 6.ten Minute zeigte Schiri Manuel Gräfe (von ihm, dem späteren Schiedsrichter des Jahres, wird noch zu reden sein) dem VfL-er Fabian Ewertz die rote Karte wegen Notbremse gegen Ndjeng. Osnabrück-Trainer Claus-Dieter „Pele“ Wollitz, den das Düsseldorfer Publikum wegen seines Auftretens zu keiner Zeit in sein Herz geschlossen hatte, war natürlich außer Rand und Band. Die Kameras zeigten ihn in Superzeitlupe Nase an Nasenspitze mit dem vierten Offiziellen. Gespenstisch! Aber auch neutrale Beobachter sprachen Ewertz von jeder Schuld frei und unterstellten Ndjeng eine üble Schutzschwalbe ausprobiert zu haben. Von der OS-Bank flog ein Hütchen (CDW: „kein Hühnchen“) auf’s Feld. Folge: Pele Wollitz musste nach 10 Minuten auf die Tribüne. In einer also von Beginn an vergifteten Atmosphäre bescherte Gustavo Policella mit einem Doppelschlag die schnelle Führung für Rot-Weiß. Wenn man genau hinschaute, war das 1:0 zwar eher ein Eigentor und das 2:0 ein simpler Abstauber aus zwei Metern, aber egal: arena-Policella, der schon beim pre-opening gegen Union Berlin zwei Mal traf, hatte damit seinen Spitznamen weg. Der überlebenswichtige „Dreier“ schien greifbar, aber dann kam Feldhoff. Beim 1:2 profitierte der Osnabrücker Stürmer vom indisponierten Defensiv-Duo Bocchio und Bellinghausen, der sich nach einem langen Ball verschätzte (es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein) wie ein Grundschüler bei seinem ersten Blind Date. Sofort griff die Verunsicherung wieder um sich. Trainer Uwe Weidemann hatte dies nicht nur befürchtet sondern auch bereits das richtige Gegenmittel empfohlen: „Jungs, zieht die Röcke aus. Ich brauch echte Kerle im Abstiegskampf!“ Doof nur, dass Uwe selber immer ein zweites Röckchen drunter trug. Als das Spiel dennoch trotz aller Unzulänglichkeiten seinem Happy End entgegen dümpelte, kam es zum legendären Phantomfoul von Guthleber, die bis heute kein Düsseldorfer Zuschauer vergessen hat. Lange Nachspielzeit, Konfusionen im Fortunen-Strafraum. Niemand war in der Lage den Ball – wie einst 1996 Zveszdan Pejovic in Stuttgart – in die Erdumlaufbahn zu befördern. Und es kam wie es kommen musste. VFL-Joker Menga rennt in Düsseldorfs Verteidiger Laurent Guthleber rein, der den zur Torauslinie rollenden Ball sicher und souverän mit dem eigenen Körper abdeckte, und Gräfe pfeift: Niemand im weiten Rund stockte der Atem, denn allen war klar, Zeugen eines klassischen Stürmerfouls geworden zu sein. Aber nicht Gräfe, der machte sein eigenes Ding, zeigte kompromißlos auf den Elfmeterpunkt und ließ die wilden und wütenden Proteste der Fortuna routiniert abperlen. Der Elfmeter-Witz des Jahrtausends. Feldhoff verwandelt humorlos in Kreuzeck. Abpfiff. Polizeischutz. Da flog nicht nur Bier von der VIP-Tribüne sondern auch haufenweise Hühnchen. Ein verrücktes Spiel. Wollitz rief anschließend dazu auf, dass alle Beteiligten besonnener werden müssen, auch wenn es um viel geht.

 

76. 1. FC Bocholt – Fortuna Düsseldorf 1:0

25.08.2002, Oberliga Nordrhein, 2002/03, 4. Spieltag

Eigentlich hat diese Partie in der Rangliste nichts zu suchen, denn ich war nicht persönlich anwesend und hatte auch nie das zweifelhafte Vergnügen Bildmaterial zu sichten. Da mein Leben Großteils aus Dingen besteht, die ich nicht mehr weiß oder wissen will, passt Bocholt – Fortuna gut in dieses Verdrängungsmuster. Aber da war dieser eine Moment von Demütigung und unfassbaren Phantomschmerzen, den ich einfach nicht vergessen kann. Ich bin mir sicher, dass die Albtraumsaison 02/03 bei einem Triumphzug durch Bocholt auch anders hätte verlaufen können. So schlecht war der Start gar nicht: 5 Punkte bei zwei Heimspielen und einem Auswärtsauftritt am Tivoli bei Aachen II flößten dem Rest der Republik zwar nicht grade Angst ein, waren aber weit besser als manch anderer katastrophale Fehlstart in Fortunas bewegter Historie. In Bocholt nun sollten die Weichen Richtung Tabellenspitze gestellt werden. Aber anscheinend wurde nicht nur ich überheblich und leichtsinnig. Mitten in der Saison fuhr ich unentschuldigt in Urlaub. Und es kam noch schlimmer: Nicht mal eine Standleitung vom Niederrhein ließ ich mir in den lieblichen Schwarzwald legen. Stattdessen genoß ich mit Frau und Kind das herrliche Wetter und vertraute darauf, dass es die Spieler schon richten und der Anblick von Ergebnis und Tabelle mir am Abend erhebliche Freude bescheren würden. Es sollte anders kommen – wie so oft! Ich erinnere mich an irgendein Wohnzimmer, an eine schwarze Ledercouch und an viele aufsässige Jung-Schwarzwälder,  die reichlich unterkühlt mit dem SC Freiburg mitfieberten und, nachdem sie stundenlang meinen Ausführungen über das Fabelwesen Fortuna gelauscht hatten, ebenso gespannt auf das waren, was sich da am fernen Niederrhein ereignet haben mochte. Neugierig beobachten sie mich dabei wie ich in die Niederungen des WDR-Videotextes bis zur viertklassigen Oberliga Nordrhein hinabstieg. Dort angekommen, ertönte aus der finstersten Ecke des Raumes nur ein knappes „Oh“, von woanders wurde grunzend gelacht. Zwar nur kurz, aber das reichte schon. Von mir kam nichts mehr. Fortuna hatte 1:0 in Bocholt verloren, an einem Ort, von dem kein Schwarzwälder jemals gehört hatte. Hier wurde eindeutig gegen biblische Gesetze (vgl. David & Goliath) verstoßen. Ich wusste nicht mehr, ob ich überhaupt existiere. Diese Enttäuschung sorgte für Heulkrämpfe, die teilweise heute noch anhalten. Große Gefühle kleiner Leute eben. Aber was soll’s: Schmerz ist Schwäche, die den Körper verlässt. Wollten wir nicht von Sieg zu Sieg eilen um wenigstens den regionalen Ruhm abzuschöpfen? Und nun hat es grade vier Spieltage gedauert und schon war Fortuna wieder im Niemandsland angekommen – nur war es dieses Mal das Nirwana der vierten (!) Liga. Dabei standen die Sterne so günstig wie seit Jahren nicht mehr. Slavko Petrovic, dieser seltsame serbische Kauz, der von sich behauptete er wäre 79/80 Ersatztorwart bei Fortuna gewesen, worüber es außer seinem (wahrscheinlich selbst verfassten) wikipedia-Eintrag keine Evidenz gibt, wusste auch, wer die Schuld an dieser Entwicklung trug: „Die Fans diskutieren nur drüber, ob wir den Gegner 6 oder 7:0 weghauen. Deshalb ist der Druck auf den Spielern zu groß.“ Für die nächsten Spiele war mit dem Schlimmsten zu rechnen. Wenn man sich wie Walt Disney hätte einfrieren lassen (Kryptonite), um in einer fernen, besseren Zukunft aufgetaut zu werden, wäre einem vieles erspart geblieben.

 

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75. Fortuna Düsseldorf – SpVgg Elversberg 1:3

18.03.2000, Regionalliga West/Südwest, 1999/00, 27. Spieltag

Ein global operierendes und in der Stadt beheimatetes Großunternehmen wollte den Verein so richtig mit Kohle zukleistern um ihn wieder in den Profifussball zu hieven. Zur Analyse des lebenden Objekts suchte sich der Marketing-Fachmann des Global Players dann ausgerechnet den Heim-Kick gegen die Dorfkicker aus dem Saarbrücker Vorort aus. Nach dem 1:3 in der 63. Minute entschwand der Henkel-Mann wort- und grußlos, mit philosophischer Gelassenheit und Verachtung und wurde nie wieder gesehen. Seitdem gab es keine echte Chance, dass das zusammen kommt, was naturgemäß eigentlich zusammen gehört: Fortuna Düsseldorf und die Henkel KgaA. Es war überhaupt eine sehr seltsame Spielzeit. Das Jahr des Jürgen Gelsdorf, der uns sicher aus der viergleisigen Regionalliga West/Südwest in die zweigleisige Regionalliga Nord führen sollte. Dafür musste man „nur“ einen Platz in den Top11 (von 20) belegen. Letztendlich hatte man das Ziel erreicht mit "grandiosem" Vorsprung von ganzen 5 Punkten auf Platz 12, der für eben jene Elversberger (aufgrund eines fehlenden Tores gegenüber Uerdingen) den Abstieg bedeutete. Gelsdorf indes konnte die Lorbeeren für diesen „Geniestreich“ nicht mehr einheimsen. Am 18.5.2000, zwei Spieltage vor Schluß, musste der Heimschläfer seinen Posten an Tim Kamp abgeben. Der Rekord von 14 Unentschieden hatte dem guten Jürgen den Job gekostet. Die Fußballgötter verhüllten einfach zu oft ihr Antlitz wenn Jürgens harmlose Sesamstraßen-Gang mal wieder kein Feuerwerk abbrannte. Die Kombi aus Truppe und Trainer war einfach zu bieder für den für 2001 angepeilten Aufstieg in Liga 2. Man braucht den Glauben, dass man Dinge besser machen kann. Bei JG fehlte dieser Glauben. Ein neuer Dompteur musste her und der folgte dann im Sommer mit Aleksandar Ristic III. Ein trauriges Kapitel.

 

74. Fortuna Düsseldorf – Arminia Bielefeld 1:2

02.05.1997, Bundesliga, 1996/97, 30. Spieltag

Nun war ich schon ein Vierteljahrhundert in die rot-weiße Göttin verliebt. Und nur wenn man verliebt ist, kann man wirkliches Glück, aber auch extremen Schmerz empfinden. Nun, für Glück war wohl an diesem 2.5.1997 kein Platz – das sei schon mal vorweg genommen. Die Vorzeichen vor diesem als „Nun-aber-wirklich-die-allerallerletzte-Chance-auf-den-Klassenerhalt“ apostrophierten Heimspiel standen äußerst schlecht. In der Vorwoche setzte  es eine 5:0-Klatsche beim FC Bayern. Hansa Rostock war mittlerweile an Fortuna vorbeigezogen und hatte uns auf Abstiegsrang 16 verdrängt. Vier Punkte Rückstand und die sehr schlechte Tordifferenz ließen nicht viel Hoffnung, dennoch kamen nochmal 18.000 Auferstehungsgläubige ins Rheinstadion. Igor Dobrowolski schoß das blitzsauber über Katemann, Younga und Jurans Hacke heraus kombinierte 1:0 und ließ die alte Schüssel erbeben. Doch die Arminia, für die es tabellarisch um nichts mehr ging, drehte durch Reina (70.) und Kuntz (78.) das Spiel und ließ ein Häufchen Elend zurück: Mich! Ein Gefühl wie bei der eigenen Exhumierung. Dabei sah es bis weit in die zweite Hälfte so verheißungsvoll aus. Doch plötzlich fraß die Angst vor dem Verlust der Führung die Fußballerselchen auf. Fortuna ließ sich zu weit zurückdrängen, wurde zu passiv und stand zu weit weg von den Gegnern. Zudem wurden die eigenen Konter nicht mehr ausgespielt. Holger Fach traf zwar nochmal den Pfosten, aber ansonsten konnten die Bielefelder ungestört kombinieren. F95-Trainer Rudi Wojtowicz, peinlicherweise wieder mit schwarzer Lederjacke und REUSCH-Ballonseiden-Jogginghose (das war selbst für die modisch extravaganten 90er ein indiskutables Outfit) zur Arbeit erschienen, flüsterte sein verunsichertes Team nach vorne. Vergebens. Mehr Biß hatte ein Ordner-Schäferhund, der auf den Platz stürmte, sich den Spielball schnappte und ihm den Garaus machte. Danach ging nichts mehr. Die Luft war raus, die Punkte weg und der Abstieg so gut wie besiegelt. Im Nachhinein der Tag, an dem Fortuna (für 15 Jahre) auf die dunkle Seite des Fußballs gewechselt ist. Es begannen die Schicksalsjahre eines Fortuna-Fans: Talfahrt bis in die Oberliga, krasse Demütigungen in Dörfern, von denen man noch nie vorher gehört hatte und dann der steinige Weg zurück ins Licht mit dem vorübergehenden Happy End in Liga 1. Georg Koch bestritt an diesem Abend übrigens sein letztes Spiel für Fortuna Düsseldorf. Nach wochenlangen Schmerzen aufgrund einer Handverletzung war er anschließend nicht mehr bereit sich im Abstiegskampf zu quälen. Da war es wohl nur ein Zufall, dass kurz vor seiner Entscheidung bekannt wurde, dass Präsident Hauswald zukünftig nicht mehr mit Koch planen würde. Nach einigen Wirrungen (Koch war für ein paar Wochen in Eindhoven) landete der Kult-Keeper ausgerechnet in Bielefeld und hütete ab dem 10.ten Spieltag der Saison 1997/98 das Tor der Arminia. So ist Fußball. So ist das Leben.

 

73. Stuttgarter Kickers – Fortuna Düsseldorf 1:0

16.08.1998, 2. Bundesliga, 1998/99, 4. Spieltag

Es gibt Individuen, die zeichnen sich dadurch aus, daß sie immer wieder dieselben Fehler begehen und sich mit schöner Regelmäßigkeit Narben in Geist und Seele ritzen lassen. Eine dieser Lebensformen bin ich! Am Morgen des 16.8.1998 stellte sich mir die Frage, ob ich den idiotischen Plan, alleine nach Stuttgart zu brettern, in die Tat umsetzen solle um mir 90 Minuten unterirdisches Gebolze anzuschauen und das Risiko einzugehen als Wutfan zurückzukehren um mir anschließend die Frage anzuhören wie lange ich solche freudlosen Touren noch auf mich nehmen möchte. Und wie würde erst meine persönliche CO2-Bilanz nachher aussehen? Im Grunde sprach also nichts dafür und so fuhr ich trotzdem oder gerade deswegen nach pflichtbewusster Katzenwäsche los. Eigentlich hatte ich auch keine andere Wahl, denn als Die-hard-Fan muss man schließlich auf seine Street Credibility achten. Im beschaulichen Degerloch lassen sich durchaus gemütliche Stunden verbringen. Allerdings an diesem gottverdammten Sonntag nur für Einheimische, die bestaunen, wie ihr eigentlich völlig unfähiges Team die Fortuna relativ sicher beherrscht und letztendlich zu einem (man möchte es im Grunde gar nicht zugeben) verdienten Sieg gelangt. Dabei werden sie animiert von einem rührigen Stadionsprecher, der im Original-Ton Süd „Hallo, Kickersch-Fänsch. Wo seid Ihr?“ in die antiquierte Lautsprecheranlage jault, woraufhin er gar KEINE Antwort erhält. Besonders schmerzlich war, daß der Siegtreffer, nach einem Patzer von Matthias „Wacko Jacko“ Jack durch den Anti-Kicker „Toni“ Sailer erzielt wurde. Ein Spieler, der erstens gar keinen Fußball spielen kann und zweitens aussieht wie ein schwules Seepferdchen. Damit reiht er sich nahtlos ein in die Galerie talentfreier Ballquäler, wie Stanislawski, Trunk und Tsionanis, die immer gegen uns trafen und sonst nie. Die Schuld an der Niederlage war aber vor allem in den eigenen Reihen zu suchen. Top-Chancen durch Marek Lesniak und Igli Tare waren durchaus vorhanden. Der vermeintlich „beste“ Sturm im Unterhaus präsentierte sich ohne jegliche Durchschlagskraft. Wie so oft hieß es bei den glücklosen Stürmern: Gute Aktion, nur das Tor hätte woanders stehen müssen! Die Stürmer also völlig von der Rolle, die Abwehr zärtlich verträumt und auch das Mittelfeld schwankte zwischen feinen Ideen (eher selten) und traumatisierenden Impulshandlungen (leider oft). Robert Niestroj beförderte das Spielgerät ein ums andere Mal in die sehr freien Räume des Platzes, die kein Mitspieler jemals betreten hatte. Die Geschichte dieses Spiels wurde nicht an diesem strahlenden Sommertag erdacht sondern in grauer fußballerischer Vorzeit von hundsgemeinen Waldschraten. Ansonsten würde es keine Erklärung dafür geben, warum man dieses Spiel schon hunderte Male in allen Variationen gesehen hat. Ob an eiskalten Freitagabenden auf St. Pauli oder an wohl temperierten Nachmittagen in solch idyllischen Stadien wie der Waldau. Masochistisch angehauchte Zeitgenossen, die sich geschworen haben, bloß keinen Spaß im Leben zu haben und um tolle Dinge wie Ballettanz, bügeln oder Praktikantinnen, einen großen Bogen zu machen, kamen hingegen in der Entourage der Rot-Weißen „Ballzauberer“ voll auf ihre Kosten. Fußball könnte so schön sein, wenn es nicht diese nervigen Kleinstvereine geben würde, die sich immer dann zu Großtaten aufschwingen, wenn es gegen unsere stolze Fortuna geht. Fortunas gute Leistungen der ersten drei Spiele waren eng verknüpft mit der aus der Vorbereitung eingespielten Formation, die Allofs verletzungsbedingt nicht an den Start bringen konnte. Mit den einbeinigen Felsenmaulwürfen Istenic, Unger und Jack lässt sich das Spielsystem von Trainer Allofs mit 4er-Abwehrkette eben nicht umsetzen. Die Top-Entscheider um den von fußballerischen Sachverstand gänzlich unbeleckten Präsidenten Hauswald hatten Klaus Allofs mit dem „letzten Schrott“ auf der Bank in die Saison geschickt und der Hoffnungsträger musste nun zusehen, wie er etwas hinbekam, was nicht nach freestyle-Fußball aussah. Als Konsequenz auf diesen verkorksten Ausflug ins Ländle, könnte man auf die Eingangsfrage, wie lange wir noch mit der Fortuna in weit entfernte Orte reisen, an denen wir mit Sicherheit verhöhnt, bespuckt und vorgeführt werden, eine vernunftsgesteuerte Antwort erwarten, wie etwa: „Nie mehr“ oder „Nur, solange sie oben stehen“. Doch, als bekanntlich gleichermaßen inkonsequenter, wie unvernünftiger Mensch lautet meine unveränderte Einstellung: Immer und überall hin und zwar bis zum bitteren Ende denn irgendwann werden wir von einer noch unbekannten (fußball-)göttlichen Instanz für unsere Tapferkeit belohnt werden. Man muss nur ganz fest dran glauben.

 

72. KFC Uerdingen – Fortuna 2:1

16. 04.2000, Regionalliga West/Südwest, 1999/2000, 31. Spieltag

Nie werde ich die Bilder vergessen, die 1996 um die Welt gingen. Als der sonst so zahme und kinderliebe Grotifant - mit dem eigenen Kopf unter dem Arm - Jagd auf den Schiedsrichter machte. Nur mühsam konnten die sechs am KFC-Maskottchen zerrenden Ordner das Leben des Unparteiischen retten. Soviel Unterhaltungswert wurde diesmal nicht erwartet. Doch es kam anders. Und das lag wieder am Mann in Schwarz, dessen Name aus Sicherheitsgründen geheim bleiben soll. Nennen wir ihn einfach Pippi Langstrumpfhose. Zunächst tollte Pippi zum Warmwerden eine halbe Stunde mit den anderen Kindern im Sandkasten der Grotenburg herum. 30 Sekunden nach Spielbeginn stellte sie dann überraschend fest, daß sich an der Mittellinie ein Loch aufgetan hatte, daß einer Abkürzung zu den Fidschi-Inseln gleichkam. Pippi schickte eifrige Helfer los, die Sand aus einem unbekannten Land beschaffen mussten, um den Krater auszufüllen. Da das ziemlich lange dauerte, begann ich inzwischen mit der Suche nach Pippis weiteren Vornamen und wurde dabei von der Heldin höchstselbst inspiriert. Sie war die strenge Pippilotta als sie Uwe Weidemann nicht mehr mitspielen ließ, weil dieser sehr gemein zu ihr war. Als Sportskamerad Francis Yonga im Uerdinger Strafraum unvermittelt in einen Luftwirbel geriet und eine Rolle rückwärts schlug, wurde Pippi zu Rollgardina und zeigte völlig zu Recht auf den ominösen Punkt, aus dem die Träume sind. Pippi trieb es fortan immer (Villa)kunterbunter. Um ihrem Zweitnamen Viktualia (vikturi = Sieg) gerecht zu werden, mußte ein Gewinner her. Doch diesmal ging sie zu weit. Sie pfiff im falschen Augenblick und schenkte dem Unmenschen mit der schlimmsten Frisur (Rudi Istenic, mittlerweile beim KFC untergekommen) seit den BeeGees die Chance zum Siegtreffer. Er nutzte sie und wir waren ziemlich böse mit Pippi und ihren Assistenten Fräulein Prysselius und Donner-Karlsson. Dessen bewußt schwenkte sie auf Versöhnungskurs ein und verteilte als Schokominza ein besonderes Bonbon. Dem aus Verzögerungsgründen zur Einwechslung in der Schlußminute bereitstehenden KFC-Reservisten verweigerte sie dominant den Zutritt zur Spielwiese. Am Ende war sich selbst der possierliche Grotifant sicher, daß er die Dramaturgie des Abends nicht besser hinbekommen hätte, streichelte Pippi zärtlich mit seinem Rüssel und verschwand in der Dunkelheit der Savanne. Bis zum nächsten Abenteuer.

 

71. RW Essen – Fortuna 3:0

28.05.2000, Regionalliga West/Südwest, 1999/2000, 38. Spieltag

Es war ein Tag, an dem es wahrscheinlich sinnvoller gewesen wäre, im Bett zu bleiben. Der sintflutartige Regen erinnerte mich daran, dass es 1.000 gute Gründe gab, sich NICHT zu dieser absolut sinnfreien Partie aufzumachen. Ich tat es trotzdem - wider besseren Wissens - und befand mich alsbald im Fortuna-Block. Offensichtlich war ich bereit, mich Leistungen auszusetzen, die das Nullniveau nicht wesentlich überschreiten sollten – zumindest auf Düsseldorfer Seite. Warum nur? Da dabei selten Spannung aufkommt, nutzte ich schon bald die Vorteile des freundschaftlichen Charakters dieses bedeutungslosen letzten Saisonspieles und begann das Geschehen so lange zu sezieren, bis es seine Geheimnisse preisgab. Da war zum einen der bemitleidenswerte Auftritt von Wolfram Klein. Dieser wollte einen Abschlag Mirko Bitzers mit der Brust stoppen. Kurz bevor es soweit war, entschied sich der vermeintliche Torjäger, den Ball lieber zu fangen. Schiedsrichter Friedrichs klatschte begeistert in die Hände. So etwas hatte er wohl in seiner langen Karriere noch nicht gesehen. Und die Zuschauer auch nicht! Mit erhobenem Kopf, als hätte er nichts Unrechtes getan, beschrieb Wolfram Klein später den sorgenvoll in die Zukunft blickenden Fans seine Motive: „Ich hab' das doch nur für Euch getan“. Aber Glauben mochte ihm so niemand recht schenken. Ein mir unbekannter Anhänger machte mich noch auf das kaum wahrnehmbare erotische Wechselspiel aufmerksam, dass sich im Verlaufe des Nachmittags zwischen F95-Reservist Heinz Vossen und einer Essener Ordnungskraft unbestimmbaren Geschlechts entwickelte. Leider wurde dieses, mich sehr an den Film "Zärtliche Cousinen" erinnernde Schauspiel, abrupt mit Vossens Einwechslung in der 83. Minute beendet, als er zu dem Haufen der anderen Albino-Kinder geschickt wurde, um den 0:3-Rückstand sicher nach Hause zu schaukeln. Was ihm tadellos gelang. Heinz Vossen - ein weiterer Hoffnungsträger für das neue Jahrtausend.

Tag(s) : #Fortuna’s big horrow show
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